Die Grenze ist erreicht
Sa., 11.08.2018
Jacobsdorf (Mark) – Pillgram –Frankfurt/Oder – Güldendorf – Malchow – Helenesee – Schlaubehammer – Kaisermühl
Kilometer: 33,4 km
Die kühlere Luft sorgt dafür, dass ich erst nach 8 Uhr aufwache. Ich packe meine Sachen zusammen und mache mich auf den Weg Richtung Frankfurt. Das Wetter zeigt sich heute von seiner trüben Seite. Aber das ist mir lieber als die Hitze der letzten Tage. Der Wiesenpfad, der angeblich auch ein Radweg sein soll, endet wenige 100 m weiter an einer Landstraße. An dieser entlang folge ich Richtung Pillgram. Nachdem ich den Bahnübergang überquert habe, fällt mir jedoch auf, dass der bessere Weg nördlich der Bahnlinie verläuft, und ich laufe daher das Stück zurück. Die abbiegende Straße ist anfangs noch asphaltiert, geht jedoch auf Höhe des Bahnhofs in Schotter über.
Da es sich um eine eher feine Schotterart handelt, komme ich jedoch gut voran. Nachdem ich ein Wohnhaus passiert habe, geht es wieder zwischen Pflaumenhecken weiter Richtung Wald. An einer Eiche finde ich einen kurzgemähten Platz und eine Sitzgelegenheit. Hätte ich das gewusst, wäre ich gestern noch bis hier her gelaufen. Aber mein Platz war auch ganz schön!
Nachdem ich den Waldrand erreicht habe, biege ich nach rechts ab und laufe wieder auf die Bahnstrecke zu. An dieser entlang geht es durch ein Feld mit Goldruten und jungen Robinien Richtung Wald. Diesen betrete ich aber nun wirklich und laufe auf schönen Waldwegen Richtung Waldhaus. Nachdem ich diesen passiert habe, ist es nicht mehr weit bis Frankfurt. Entlang einer Kastanienallee erreiche ich schließlich die ersten Häuser Frankfurts. Und tatsächlich finde ich hier die Straße Fürstenwalder Poststraße, von der mir der Mann am Vortag noch erzählt hatte.
Die Wegbeschaffenheit entlang der Straße wird immer ziviler, je mehr ich mich dem Stadtzentrum nähere. Anfangs noch Wiesenpfad, dann Betonplatten, habe ich am Ende normale Fußwege vor mir. Auch eine Straßenbahn begleitet mich schließlich. In einem Supermarkt kaufe ich noch für das Wochenende ein, dann geht es Richtung Innenstadt. Der Himmel hat sich mittlerweile ziemlich verfinstert, und es sieht nach Regen aus. Es fallen jedoch nur einzelne Tropfen, dann hört es wieder auf. In einem Stadtpark in unmittelbarer Nähe zum Zentrum, mache ich Pause und esse etwas. Bis jetzt sieht Frankfurt/Oder aus, wie ich es mir immer vorgestellt habe: Hässlich! Sorry, liebe Frankfurter, aber vielleicht ändere ich ja noch mein Urteil im Laufe der nächsten Stunde!
Mein erster Abstecher führt mich auf die Brücke nach Polen. Zwei Polizeiautos am Brückenkopf, besetzt mit jeweils zwei Polizisten, bewachen den Brückenkopf und mustern eindringlich jeden Passanten, der die Brücke betritt und verlässt. Sonst herrscht ein reges Hin und Her. Auch ich werde beim Passieren ausgiebig unter die Lupe genommen, aber offenbar passe ich nicht ins Schema, denn ich werde nicht angehalten. Von der Brücke aus mache ich einige Fotos von der Oder und von Frankfurt, sowie von der polnischen Seite. Doch ich werde Deutschland treu bleiben, wende daher auf der Brücke und laufe zurück.
Mein nächstes Ziel ist die Katholische Kirche, die in unmittelbarer Nähe liegt. Doch leider ist diese geschlossen. Ich mache mich daher auf den Weg ins Zentrum. An einer Straße voller großen Läden laufe ich Richtung Süden. Doch so wirklich kann ich ein Zentrum nicht erkennen! Es könnte auch Mannheims Einkaufsstraße sein, nur kleiner und hässlicher. Doch dann entdecke ich ein Schild, dass mir den Weg in Richtung Rathaus und St. Marienkirche weist. Die beiden Gebäude finde ich auch gleich darauf. Sie sind auch sehr schön anzusehen, wie ich zugeben muss, aber das war es dann auch schon wieder! Wer etwas wie eine schöne Altstadt sucht, wird hier lange Gesichter machen. Ich versuche einmal, ob man zumindest in die St. Marienkirche hineinkommen kann. Man kommt tatsächlich hinein. Ich stelle meinen Wagen innen ab und beginne, die große Kirche zu erkunden. Sie ist eine der größten Kirchen mit Backsteinbau in Mitteleuropa. Es ist interessant, wie man bis hoch zum Holzdach schauen kann. Die Kirche war noch vor gar nicht langer Zeit eine Ruine. Man ist nun dabei, sie nach und nach wieder in den Originalzustand zu versetzen. Eine Orgel oder ähnliches findet man hier daher vergebens.
Nachdem ich auch nach weiterem Suchen nichts Interessantes mehr im Zentrum finden kann, mache ich mich weiter auf den Weg in den Süden. Folge ich dem Oder-Neiße-Radweg Richtung Eisenhüttenstadt oder schlage ich mich schräg nach Südwesten Richtung Spreewald durch? Ich muss in diese Richtung bald eine Entscheidung treffen. Doch mir fällt es sehr schwer! Erst kurz nach dem Ortsende, beschließe ich, die Oder wieder zu verlassen. An der A12 entlang, steige ich nach Güldendorf auf. Ein schöner Fischteich prägt den Ort. Mittlerweile hat ein kräftiger Westwind eingesetzt, und das Wetter verbessert sich schlagartig.
Nachdem ich die B112 überquert habe, was mir nur Dank eines Druckschalters möglich war, erreiche ich einen schönen Radweg durch einen Mischwald. Zahlreiche Radler sind hier unterwegs. Vermutlich, weil mich der Weg geradewegs zum Helenensee führt. Dort befinden sich große Strandflächen, mehrere Campingplätze, und auch sonst wird einiges geboten. Leider wie so häufig ist alles eingezäunt. Nur wer bezahlt, kommt an den See. Ich folge daher der Straße Richtung Schlaubehammer immer am Gelände entlang. Plötzlich taucht auf einer Wiese eine große Festivalbühne auf. Zahlreiche Dixi-Toiletten stehen in Reih und Glied, und sehr viele Leute sind damit beschäftigt, den Platz von Müll zu befreien. Hier muss wohl vor noch gar nicht so langer Zeit ein großes Musikfestival stattgefunden haben. Nach einer kurzer Recherche im Internet finde ich auch das Helene-Beach-Festival, das wohl vor etwas mehr als einer Woche stattgefunden hat. Der Trailer bei Youtube sieht nach großer Party aus. Na, da habe ich ja was verpasst! Oder auch nicht, je nach dem, von welcher Sichtweise man es betrachtet.
Nachdem ich das komplett eingezäunte Areal umrundet habe, habe auch ich endlich die Chance mich dem See zu nähern. Auf schmalen Wurzelpfaden nähere ich mich durch dichten Kiefernwald dem Ufer. Der Blick auf den tiefblauen See und die gelben Sandstrände ist schon umwerfend. Ich überlege auch, ob ich hier mein Zelt für die Nacht aufbaue. Doch mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich besser weiter gehen soll. Und wenn ich mich auf etwas in den letzten Jahren verlassen konnte, dann mein Bauchgefühl.
Ich gehe daher zurück zur Straße und folge dieser bis Schlaubehammer durch den Kiefernwald. An der Landstraße folge ich einem Radweg Richtung Müllrose. Plötzlich ist lautstarke Musik durch den Wald zu hören. Anfangs noch undeutlich, doch dann hört man es klar und deutlich: Santiano spielt. Nähere ich mich einem anderen Festival? Das wäre ja genial, denn Santiano mag ich sehr! Immer näher komm ich der Musik, doch plötzlich entfernt sie sich wieder ein Stück. Es wird wohl am Wind liegen, denke ich mir. Doch schließlich lässt es sich nicht mehr von der Hand zu weisen: die Musik bewegt sich mit mir mit. Mehr oder weniger auf meiner Höhe, aber dennoch leicht von mir weg bewegend. Nach einem Blick auf die Karte kann eigentlich nur der Oder-Spree-Kanal dafür verantwortlich sein. Und tatsächlich entpuppt sich das Konzert am Ende als starke Musikanlage auf einem vorbeiziehenden Schiff. Dieses scheint Teil einer Prozession zu sein. Zahlreiche kleinere Schiffe folgen dem Boot, und am Ufer sitzen überall die Leute und schauen zu. Ich bekomme jedoch nur noch das Ende mit. Ich beschließe, heute hier zu bleiben und später am Kanal mein Zelt aufzubauen. Am Ufer sitzend fertige ich den Bericht an.