Gemütlicher Abend im Garten
Di., 21.08.2018
Ostritz – Kloster St. Marienthal – Hirschfelde – Zittau
Kilometer: 22,5 km
Als ich am Morgen aufwache, ist es stark bewölkt. Na, dann wird es vielleicht heute mal nicht so heiß, denke ich mir. Ich packe meine Sachen und stelle dabei fest, dass ich mein Zelt in unmittelbarer Nähe eines Schildes aufgebaut habe, wo vor Kreuzottern gewarnt wird! Oha! Und ich bin gestern abend noch in Badeschlappen barfuß im Umfeld des Zeltes unterwegs gewesen! Aber ist ja alles gut gegangen.
Auf einem schmalen Pfad geht es entlang des Sees zurück zum Parkplatz und vorne an der Straße die 15 % Gefälle zurück hinunter nach Ostritz. Unten angekommen, führt mich mein Weg durch die Gassen von Ostritz und wenig später einen asphaltierten Weg an den Mauern des Klosters St. Marienthal vorbei. Na, das war ja wirklich nicht mehr weit bis hier hin!
Nachdem ich den Klosterhof durchquert habe, führt mich ein schöner Radweg durch das Tal entlang der Neiße durch den Klosterwald. Die Neiße hat sich hier tief im Tal in zahlreichen Schleifen ihren Weg durch den Berg gegraben. Steil geht es daher links und rechts im Wald bergauf. In der Neiße liegen zahlreiche große Findlinge, die ihr den Charakter eines Bergbaches verleihen.
Die Bahnlinie auf der polnischen Seite fährt auf einer hohen Brücke über die Neiße. Auffallend ist, dass hier die Züge von Görlitz nach Zittau auf polnischem Gebiet unterwegs sind. Auch der Bahnhof von Ostritz befindet sich auf der polnischen Seite.
Nachdem ich kurz darauf nach zahlreichen Schleifen Hirschwalde erreiche, gehe ich dort in einem Supermarkt noch etwas einkaufen, bevor ich meinen Weg nach Zittau fortsetze. Entlang der B99 geht es nun kerzengerade in Richtung Zittau. Links der Strecke, auf polnischer Seite, steht ein großes Kraftwerk. Ob es sich um ein Kohle- oder ein Atomkraftwerk handelt, kann ich nicht einschätzen. Da sich jedoch in unmittelbarer Nähe eine gigantische Abraumhalde befindet, gehe ich mal von Kohle aus.
Auf halber Strecke hält plötzlich ein Radfahrer neben mir an. Er interessiert sich für die Reise und findet es ganz toll, was ich hier mache. Er habe leider ziemliche Probleme mit dem Knie und benutze daher lieber das Rad. Aber Bewegung sei sehr wichtig, damit man nicht einrostet. Er wünscht mir noch viel Erfolg für die Reise und fährt weiter. Etwa einen Kilometer später entdecke ich an einer Wegkreuzung ein Hinweisschild auf einen Lehrpfad über den Bergbau. Jemand hat darüber geschrieben, dass dieser sehr interessant sei. Ich verlasse daher spontan den Radweg und mache mich auf die Suche nach dem Lehrpfad. Doch ich finde keine Tafeln oder Ähnliches. Dafür stehe ich kurz darauf vor einer Furt. Mehrere große Trittsteine ermöglichen es dem Wanderer, trockenen Fußes das andere Ufer zu erreichen. Nur mit dem Wagen im Schlepptau wird das nicht so einfach möglich sein. Ich schnalle daher den Wagen ab und ziehe ihn parallel dazu durch das Wasser. Nur gut, dass mein Packsack so wasserdicht ist!
Mittlerweile kämpft sich die Sonne durch die ersten kleinen Lücken in den Wolken. Sofort ist die Luft wie in einem Treibhaus! Die Luftfeuchtigkeit muss deutlich höher liegen als an den Vortagen und kompensiert damit die kühleren Temperaturen.
Wenige Minuten später stehe ich wieder auf dem Radweg. Entlang der Bundesstraße geht es nun wieder in Richtung Süden. Nach Überqueren der Bahnlinie habe ich die ersten Gewerbegebiete von Zittau erreicht. Nach Überqueren der B178 erreiche ich ein kleines Wäldchen. Hier biege ich ab und laufe auf kleinen Pfaden auf den Tierpark von Zittau zu. Natürlich halte ich auch dort wieder an und packe für Katharina einige Flyer ein. Auf einer vierreihigen Lindenallee gehe ich weiter ins Stadtzentrum von Zittau.
Der Ortskern wird umgeben von einem Straßenring, den ich überqueren muss. Wie ein großer Kreisverkehr führt hier der Verkehr gegen den Uhrzeigersinn um die Altstadt. Dank einer entsprechenden Beschilderung komme ich jedoch sicher über die zweispurige Straße. Der Ortskern präsentiert sich mir mit einem südländischen Flair. Große Plätze, bunte Häuser und Restaurants, wo zahlreiche Gäste draußen in der Sonne sitzen, dazu mehrere große Kirchen.
Nachdem ich noch einen kurzen Abstecher zu einem Supermarkt gemacht habe, mache ich es mir in der Nähe des Marktplatzes auf einer Bank bequem. René, ein Forumsmitglied von “Outdoorseiten.net”, hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Ich hatte ihn 2016 auf einem Forumtreffen kennengelernt, und wir hatten uns damals schon gut verstanden. Da er noch bis 17 Uhr arbeitet, habe ich noch etwas Zeit. Ich fange daher an, einige Bilder zu komprimieren. Als ich gerade das letzte abspeichere und René Bescheid geben möchte, dass ich nun da bin, spricht mich René von der Seite an. Nach meiner Begegnung mit Jens bei Gebesee ist es das zweite spontane Aufeinandertreffen!
Gemeinsam laufen wir die wenigen Meter zu Renés Wohnung. Diese befindet sich in einem Mehrfamilienhaus im obersten Stockwerk. Doch zu zweit können wir den schweren Wagen ohne Probleme nach oben tragen. Nachdem ich geduscht habe und mich etwas frisch machen konnte, ziehen wir auch schon wieder los. René und Jeanette – die Freundin von René – haben eine Parzelle in einem Kleingartenverein, der sich nur wenige Minuten entfernt von der Wohnung befindet. René hat dort auch einen Vorstandsposten übernommen, nachdem sich kein anderer für die Stelle finden konnte. So oft sie können, sind die beiden nach der Arbeit hier und genießen ihr kleines grünes Paradies. Neben zwei großen Apfelbäumen, einem Pflaumenbaum und einer Laube wachsen und gedeihen hier sehr viele Blumen und Beerensträucher. Vor allem Jeanette ist dieses Blütenmeer hier zu verdanken, da sie Pflanzen liebt. Aber bei der derzeitigen Trockenheit wechseln sich die beiden mit Gießen ab. Als wir im Garten eintreffen, ist Jeanette bereits dabei zu gießen. Dank eines ehemaligen Fischteiches, der mit dem Wasser der vorbei fließenden Mandau gespeist wird, steht den Gartenbesitzern des Vereins auch sehr viel Brauchwasser zur Verfügung.
Wenig später trifft auch ein Arbeitskollege von René ein. Er hat Interesse an den Erzählungen meiner Reise. Sein Sohn, Marcus, war letztes Jahr für ein Jahr auf großer Reise. Allerdings nicht zu Fuß, sondern mehrheitlich mit der Bahn. Er hat ein Faible für Großstädte und hat in dem Jahr von den europäischen Großstädten bis hinüber nach Japan sämtliche asiatischen Großstädte besucht. Ihm ist unterwegs aufgefallen, dass in vielen asiatischen Ländern der gegenseitige Respekt voreinander noch vorhanden ist, der hier zunehmend verloren geht.
Bis spät in die Nacht sitzen wir draußen im Garten und reden zu leckerem Essen vom Grill. Ich nenne einige positive wie auch negative Erlebnisse meiner bisherigen Reise, und René, der sehr viel historisches Hintergrundwissen besitzt, trägt noch einige Details bei. So erfahre ich, dass es nach dem Zerfall der DDR zu einer Bürgerbefragung gekommen ist, bei dem sich die Gegend rund um Bad Muskau für Sachsen und gegen Brandenburg entschied. Dadurch wurde die Region ein Teil Sachsens. Zu DDR-Zeiten war der Bereich ein Teil von Brandenburg.
Die drei erzählen mir noch von einem Dialekt in der Region, der sich anhört, als ob ein Amerikaner Deutsch spricht. Es habe schon Fälle gegeben, in denen Leute in anderen Bundesländern darauf angesprochen wurden, dass sie aber gut deutsch sprechen würden, einfach weil man dachte, es seien Amerikaner auf Reise.
Um kurz nach Mitternacht machen wir uns schließlich wieder auf den Rückweg.