Kontakt mit dem Zoll und Abschied

Do., 06.09.2018
Johanngeorgenstadt – Klingenthal
Kilometer: 25,2 km

Kurz nach 7 Uhr werde ich von Motorengeräuschen geweckt. Zwei Arbeiter haben angefangen, den Parkplatz, auf dem ich mich befinde, mit Motorsensen zu mähen. Da ich nicht abschätzen kann, ob ich ihnen im Wege stehe, fange ich an meine Sachen zusammenzupacken. Es ist zwar ein klarer Himmel über mir, aber die Sonne hat sich noch hinter den Bäumen versteckt, und entsprechend ist mein Zelt vom Tau und Kondenswasser klatschnass. Ich packe es daher notgedrungen nass ein und mache mich auf den Weg. Norman und ich hatten uns ein Stück weiter oben an einer Schutzhütte verabredet. Auf geschotterten Waldwegen steige ich leicht den Berg aufwärts. Oben stoße ich auf die vereinbarte Hütte, die sich in der Sonne befindet. Da ich viel zu früh ankomme, nutze ich die Gelegenheit, packe mein Außenzelt wieder aus und hänge es in die Sonne. Während ich auf Norman warte, komprimiere ich Bilder. Auf dem Forstweg ist dauernd Verkehr: Immer wieder fahren Autos an mir vorbei, Forstbeamte, Autos vom Talsperrenverband und aufgrund einer Baustelle sehr viele Firmenwagen.

Einen Waldweg geht es bergauf

Punkt 10 Uhr trifft Norman ein, und wir setzen zu zweit unsere Wanderung fort. Auf breiten Forststraßen laufen wir mehr oder weniger auf einer Höhe durch den Wald. Da in der Gegend der Wald recht licht ist, kommt auch die Sonne gut durch und offensichtlich wird es heute deutlich wärmer!

Auf Forststraßen geht es entlang der Grenze
Aber es gibt auch schmale Pfade

Ich beschließe daher, mein Pullover auszuziehen. Gerade als ich meinen Packsack wieder verschließen möchte, kommt erneut ein Auto um die Ecke und auf uns zu. Der unauffällige VW-Bus mit zwei Männern fährt langsam an uns vorbei, stoppt und rollt langsam wieder zurück. Nanu, was wird denn das jetzt? Der Fahrer kurbelt sein Fenster herunter und hält uns seinen Ausweis vor die Nase. Die beiden sind vom Zoll und möchten unsere Ausweise sehen. So einen Wagen, wie ich ihn hier habe, hätten sie noch nicht hier oben gesehen. Unsere Ausweise wandern an den Beifahrer, der die Daten an die Zentrale weitergibt. Der Fahrer ist mittlerweile ausgestiegen, an der Seite bewaffnet, kommt er mit uns ins Gespräch. Ich habe nichts zu verbergen, meine einzige Sorge ist, das die beiden nun verlangen, dass ich meinen Packsack auspacken soll. Doch zum Glück bleibt diese Sorge unbegründet. Der Zollbeamte fragt mich, ob mir schon die vielen Nazis unterwegs begegnet sind, und beklagt die Stigmatisierung ihrer Gegend. Solche Reisende wie ich, meint er, würden da schnell erkennen, wie es wirklich wäre und wie sehr die Medien übertreiben würden! Mittlerweile ist auch der Beifahrer mit seinem Telefonat fertig und hat nichts zu beanstanden. Einzig mein Geburtsort Heidenheim würde er als Fußballfan von Erzgebirge Aue beanstanden. Offenbar hat der Fußballverein Heidenheim vor kurzem gegen Aue gespielt und gewonnen. Ich habe keine Ahnung davon. Die beiden wünschen uns eine gute Weiterreise und fahren davon. Na, hier ist ja was los!

Weiter gehen wir auf dem Forstweg entlang der Tschechischen Grenze. Immer wieder steigen wir leicht bergauf und dann wieder bergab auf durchgehend geschotterten Waldwegen. Irgendwann kommen wir auch an einem schönen Hochmoor vorbei, dass in einer Senke liegt.

Ein kleines Hochmoor im Wald

Wir beschließen, an einer Bank Rast zu machen und erst einmal etwas zu essen. Anschließend geht es weiter in Richtung Westen. Um kurz vor 16 Uhr treffen wir schließlich am Aschberg an. Hier steht ein Aussichtturm, doch dieser ist im Prinzip gar nicht notwendig, da man auch ohne ihn eine bombastische Sicht über das Tal hinweg nach Westen hat!

Vegetation am Westhang
Blick in die Tiefe

Steil wandern wir nun einen Wiesenweg hinab ins Tal. Ich schnalle den Wagen ab und lasse ihn vor mir her fahren. Nach einigen 100 m landen wir wieder auf einer Straße im Wohnviertel. Wie hingeworfen liegen die kleinen Häuser am Hang. Mich erinnert die Landschaft etwas an den Südschwarzwald.

Auf schmalen Wege geht es bergab
Die Landschaft gefällt mir
Blick zurück

Immer weiter geht es auf kleinen Straßen hinab ins Tal, doch im Vergleich zum oberen Drittel in nun moderaten Gefällen. Im Ortskern von Klingenthal heißt es dann, Abschied nehmen von Norman, der mit der Bahn wieder zurück nach Hause fährt. Es hat mich sehr gefreut, mit dir zwei Tage unterwegs gewesen zu sein, lieber Norman! Vielleicht sieht man sich ja irgendwann einmal wieder! Wer sich nun fragt, wo ein Bild von Norman bleibt, den muss ich leider enttäuschen: Norman möchte nicht im Internet veröffentlicht werden, und das respektiere ich auch!

Allein laufe ich wieder ein Stück den Berg hinauf, um auf einer Höhe auf einem Waldweg in ein Seitental zu gelangen. Hier soll sich laut meiner Karte ein Campingplatz befinden. Immer weiter wandere ich in das Tal und frage mich zunehmend, wo hier noch ein Campingplatz sein soll! Denn die zum Teil stark bewaldeten Hänge kommen immer näher. Im letzten Zipfel erreiche ich schließlich den Platz. Doch die Rezeption ist geschlossen. Laut Öffnungszeiten müsste sie jedoch noch offen sein. Ein mit mir eintreffendes Ehepaar im Wohnmobil steht ebenfalls ratlos da. Ich rufe daraufhin eine angegebene Mobilfunknummer an. Die Verbindung ist ziemlich schlecht, den Campingplatzbesitzer kann ich nur schlecht verstehen. Nur so viel, dass er heute nicht mehr auf den Platz kommen wird. Ich solle mir einen Platz aussuchen, den Schlüssel für die sanitären Anlagen würde ich im Stromkasten finden, und morgen soll ich den entsprechenden Betrag in den Briefkasten werfen. Dann ist die Verbindung komplett unterbrochen.

Als ich den Platz betrete, stellt sich dieser als ein winzig kleiner, runder Kreis am Hang heraus. Viele Gäste finden hier keinen Platz! Als ich mein Zelt aufbaue, kommt der Mann mit dem Wohnmobil auf den Platz. Auch er hat die Mobilfunknummer angerufen und hatte auch Empfang. Der Campingplatzbesitzer würde nun doch noch kommen, erzählt er mir und fragt mich, ob es in Ordnung ist, wenn sie sich neben mich stellen. Ich habe damit kein Problem, und so kommen wir ins Gespräch. Ich werde von Gerd und Eddi zu Kaffee und belegten Broten eingeladen und bekomme auch eine Führung durch ihr Wohnmobil. Die beiden kommen aus Brandenburg, aus der Nähe von Guben und waren drei Wochen lang unterwegs in Ungarn am Balaton. Während wir uns unterhalten, kommt der Besitzer des Platzes auf uns zu und erzählt uns, dass der Platz von Orkan Friederike verwüstet worden ist. Der Sturm habe hier eine Schneise der Verwüstung gezogen und seitdem sei auch der Wald am Hang verschwunden. Er sei gerade dabei, den Platz wieder aufzubauen.

Nachdem wir uns nun offiziell angemeldet haben, unterhalten wir uns weiter. Fast zwei Stunden reden wir über Ungarn, das Reisen, über Hunde und Politik. Auch sie finden es erschreckend, wie zur Zeit jede Kritik bezüglich der Zuwanderung mit der Nazikeule platt gebügelt wird. In ihrer Stadt habe es mittlerweile sogar schon Konsequenzen für Arbeitnehmer gegeben, wenn sich diese offen kritisch gegenüber der derzeitigen Flüchtlingspolitik geäußert hatten. Und das waren keine ausländerfeindlich gesinnten Leute, erzählt mir Gerd. Ihnen macht diese Entwicklung Angst!

Gegen Abend verabschieden wir uns, und ich begebe mich ins Zelt, telefoniere noch kurz mit Katharina und nutze den Strom, um die restlichen Bilder zu komprimieren. Sobald ich wieder WLAN habe, kann ich diese dann hochladen.

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