Herbst und tierische Verehrer
Mi., 11.07.2018
Langelsheim – Neuekrug – Seesen – Herrhausen – Münchehof – Stauffenburg – Gittelde – Teichhütte – Badenhausen – Katzenstein
Kilometer: 38,8 km
Als um 4.30 Uhr der Wecker klingelt und ich 10 min später aus dem Zelt schaue, fühle ich mich in den Herbst versetzt. Dichter Nebel und alles nass. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit ist das Außenzelt von innen und von außen feucht.
Dank meiner Möglichkeit, das Innenzelt vor dem Außenzelt abzubauen, bleibt zumindest dieses trocken. Mit einem Lappen trockne ich notdürftig das Außenzelt ab und verpacke es separat. Ich esse noch ein Honigbrot, dann geht es los. Mittlerweile kommt auch etwas die Sonne durch die Nebelfetzen. Wird es doch noch ein schöner Tag?
Doch bereits nach 2 km hat mich die Nebelsuppe wieder eingeholt und es sieht nun auch nicht mehr danach aus, als ob es sobald wieder aufreißt. Es geht zwischen Bahnstrecke und Wald auf einem Pflaster-Asphalt-Gemisch immer weiter Richtung Westen. Soll mal einer sagen, nur im „Osten“ gibt es Pflasterstraßen.
In Neuekrug überquere ich die B 248 und laufe weiterhin parallel zur Bahnstrecke einen asphaltierten Feldweg entlang. Ein Fuchs steht auf einer Wiese. An sich nicht weit weg, aber für meine Smartphone-Kamera dann doch zu weit entfernt. Minutenlang starren wir uns beide an. Wenn ich mich jetzt bewege, um die Kamera aus dem Rucksack zu holen, dann wird er sicherlich abhauen. Ich versuche trotzdem mein Glück. Er springt davon und verschwindet im Maisfeld. Also doch kein Foto!
Mittlerweile macht mir der Wagen hinter mir zu schaffen. Irgendwie ist der heute besonders schwer! Der Hüftgurt drückt unangenehm in die Hüfte. Habe ich den Hüftgurt am morgen falsch eingehängt? Nein, alles korrekt. Mir fällt ein, dass ich am Morgen einige schwere Dinge wie Kocher, Spiritus und Ähnliches zusammen mit dem Zelt recht weit oben eingepackt habe. Wahrscheinlich wird das Gewicht ungünstig verteilt sein.
Auf einem Schotterweg geht es entlang eines Waldes. Auf einem Feldweg kommt mir eine Hundebesitzerin entgegen. Der Hund zieht wie ein Irrer in meine Richtung. Erst denke ich, es ist ein Jungtier, aber die Besitzerin klärt mich auf, dass dieser schon 11 Jahre alt ist. Da habe ich mich wohl verschätzt. Sie meint, sonst treffen sie hier auf dieser Strecke niemanden und daher ist er so aufgeregt.
Über einen Hügel geht es in ein Tal und ich muss mich nun doch um den Wagen kümmern. Irgendetwas stimmt da nicht! Er ist auch beim Anheben an der Deichsel viel zu schwer. Auf einem Feldweg fange ich an, den Packsack zu leeren. Gut möglich, dass es am Kocher und Co. liegt. Ich packe den Packsack, wie gewohnt, wieder ein und mache mich wieder auf den Weg. Deutlich besser! Aber ich habe irgendwie immer noch das Gefühl: er drückt heute mehr in die Hüfte. Es kann aber auch an den mehreren Tagen Ruhe liegen.
An Fischteichen vorbei und einem fast ausgetrockneten Bach entlang, geht es nach Seesen. Kaum vorstellbar, dass dieses Rinnsal für die schweren Verwüstungen vor einem Jahr verantwortlich war. Ein Schild weist mich darauf hin, dass der Wanderweg nun wegen Hochwasserschäden unpassierbar ist. Es ist aber eine Umleitung eingerichtet. Entlang der Bundesstraße gelange ich die Ortsmitte von Seesen, wo ich mir noch etwas Geld abhebe.
Leider gibt es nun im Tal keine weiteren Wanderwege mehr und ich bin auf den Rad- und Fußweg entlang der Bundesstraße angewiesen. Auf neuen hellen Betonplatten erreiche ich so Münchehof.
Dort kann ich endlich die Bundesstraße verlassen, und es geht entlang eines kleinen Sträßchens nach Stauffenburg. Hier habe ich auch mit der ersten relevanten Steigung auf der Strecke zu tun. Aber kein Vergleich zum Harz! Der Duft von Himbeeren lässt mich umschauen. Und da hängen sie tatsächlich in Massen. Leider sind 2/3 nicht mehr genießbar: Entweder vertrocknet oder verwurmt.
An einer Kuhweide mit schwarz-weiß geflecktem Vieh bekomme ich die volle Aufmerksamkeit: Neugierig kommen die Kühe angerannt und verfolgen mich die folgenden 300 m mit Begeisterung. Richtige Freudensprünge machen die! Ich hoffe, dass die dünne Litze sie auch auf der Weide hält. Aber sie drehen rechtzeitig vor Ende der Weide ab.
Hinter Stauffenburg setzt plötzlich Regen ein. Zum Glück aber nur ein Schauer. Unter einem Ahorn kann ich mich unterstellen und den Regenguss abwarten.
Kurz vor Gittelde begrüßen mich erneut schwarz-weiße Kühe mit Begeisterung und laufen mir in ihrer Koppel erneut hinterher. Das wird ja langsam unheimlich! Habe ich irgendwas an mir? Oder ist es der blaue Wagen hinter mir, der sie so fasziniert?
In Gittelde hat sich intensive Landluft wie eine Kuppel über den Ort gelegt. Der Grund ist auf meinem Weg bereits mehrmals an mir vorbeigefahren. Es wird Gülle ausgebracht.
Mit dem Karstwanderweg habe ich nun endlich auch wieder einen ausgeschilderten Wanderweg erreicht. Auf schmalen Pfaden, aber mit meinem Wagen dennoch befahrbar, geht es an der schönen Söse entlang. Kurz vor Katzenstein verlasse ich den Wanderweg aber wieder, da dieser mich wieder hoch auf die Höhe führt. Ich laufe stattdessen an einem Steinbruch entlang nach Katzenstein. Hier scheint Kalkstein abgebaut zu werden. Die weißen Felsen leuchten zumindest hell über mir. Mittlerweile ist es nach 16 Uhr. Ein schöner Fußballplatz spricht mich an. Aber nirgends ist ein Vereinslogo oder ähnliches zu erkennen. Ich laufe in den Ort und frage einen Anwohner, der aus dem Fenster schaut. Er gibt mir den Tipp, zu welchem Verein der Platz gehört. Nach einer kurzen Recherche, habe ich die Nummer des Vereins und rufe an. Am Telefon ist die Ehefrau vom Vorsitzenden des Vereins. Ich schildere ihr mein Anliegen. Dabei kommt heraus, dass sie früher in Darmstadt gewohnt hat und somit aus meiner alten Heimat herkommt. Interessant, dass man mir offenbar immer wieder meinen Dialekt heraushört.
Nach Rücksprache mit ihrem Ehemann, ruft sie mich auf dem Handy zurück. Ich habe die Erlaubnis, für die Nacht mein Zelt aufzubauen.
Ich bin gerade dabei, mein Zelt aufzubauen, da kommt ein Mann auf mich zu. Nach meinen Erfahrungen von Hakeborn stelle ich mich schon auf Fragen wie „Haben sie eine Genehmigung?“ oder ähnliches ein. Doch falsch getippt. Er ist begeistert von meinem Wagen. Möchte wissen, wie er sich fahren lässt. Ich gebe ihm alle Informationen, die er benötigt.
Auch als später Training stattfindet, sorgt mein Zelt zwar für Verwunderung, aber niemand stört sich daran. Hier scheint man lockerer drauf zu sein. Überhaupt wird hier von Traktorfahrer bis Fußgänger immer freundlich gegrüßt. Der Trainer fragt mich sogar, ob ich mitkommen möchte, oben im Ort hätten sie auch Duschen. Aber ich möchte das Zelt ungern so lange allein lassen. Durch das kühle Wetter fühle ich mich auch nicht verschwitzt heute. Ich lehne daher dankend das Angebot ab. Ich gebe ihm noch eine meiner Visitenkarten mit.
Nach einem Telefonat mit Katharina lege ich mich gegen 22 Uhr ins Bett. Mit knapp 39 Kilometer heute habe ich wieder einiges geschafft!