Mehr Auf und Ab als erwartet und tierischer Besuch
So., 09.09.2018
Hof – Unterkotzau – Saalenstein – Fattigsmühle – Joditz – Bug – Schnarchenreuth – Eisenbühl – Unterkemlas – Blankenstein – Harra
Kilometer: 27,8 km
Als ich gegen 8 Uhr erwache, ist es im Haus noch still. Alle anderen schlafen noch. Ich nutze daher die Zeit und beginne, am Laptop die letzten Bilder zu komprimieren und den Bericht vom Vortag zu schreiben. Gegen 10 Uhr stehen dann die anderen auf. Gemeinsam trinken wir noch einen Kaffee, dann marschieren wir vor zum nächsten Bäcker. Olli war uns schon etwas vorausgelaufen und kommt uns daher mit Anne und einer Tüte Gepäck bereits wieder entgegen. Ich verabschiede mich von Olli und wünsche ihm alles Gute. Mit Franky zusammen betrete ich den Bäcker und hole mir ein paar Laugenstangen und ein süßes Stückchen. Interessant finde ich, dass die Verkäuferin von sich aus den Preis bei Broten um 50 % reduziert, da alles vom Vortag war, und dass sie bei kleineren Sachen noch einen gratis Berliner dazu packt. Sie macht das auch bei mir. Vor dem Bäckerladen heißt es dann, auch von Franky Abschied nehmen. Wir wünschen uns noch einmal gegenseitig alles Gute, dann laufe ich in Richtung Altstadt.
Lieber Olli, lieber Franky, vielen herzlichen Dank für den Einblick in euer Leben, das entgegen gebrachte Vertrauen und für den schönen Tag mit Euch! Ich werde dieses sehr interessante Aufeinandertreffen sicherlich lange in Erinnerung behalten!
In der Altstadt nutze ich das kostenfreie WLAN und lade alle Berichte und die neue Wegstrecke auf meine Seite hoch. Das ganze dauert mit Einbinden der Bilder in die Berichte knapp zwei Stunden. Gegen 13 Uhr kann ich daher erst weiter wandern.
Leicht abfallend führt mein Weg vorbei am Rathaus hinunter zur Saale, wo mich ein geschotterter Radweg erwartet. Diesem folge ich nach links, bis zu einer Brücke. Nach Überqueren dieser, folge ich immer an der Saale entlang langsam heraus aus dem Ortszentrum, vorbei an der Kläranlage und einer hohen Eisenbahnbrücke. Als ich Unterkotzau erreiche, stehen bereits Hinweisschilder am Wegrand, dass der Saale-Radweg auf der Höhe von Saalenstein aufgrund von Kanalarbeiten möglicherweise nicht passierbar ist. Die Formulierung ist allerdings so schwammig, dass ich beschließe, es einfach drauf ankommen zu lassen. An einem Sonntag wird da sicherlich keiner arbeiten!
Leicht geht es zwischen Wiesen bergan und durch einen kleinen Fichtenwald hindurch. Dann steige ich wieder hinab an die Saale. Kurz vor der großen Autobahnbrücke der A72, erwartet mich eine Holzbrücke im Stil der Holzbrücken im Spreewald. Das heißt für mich: Ich muss den Wagen abschnallen, hoch ziehen und drüben wieder herunter lassen.
Unterhalb der Autobahnbrücke ist dann der Weg gesperrt. Anhand der Spuren ist jedoch zu sehen, dass zahlreiche Radfahrer an der Absperrung vorbei weiter gefahren sind. Auch ich nutze diese Chance und laufe weiter. Der Weg wird zwar zunehmend schlammig, und man sieht auch, dass hier gearbeitet wird, aber man kommt gut durch. Steil geht es im Wald hinauf zu einer Wiese, auf der auch alle Baumaschinen über das Wochenende geparkt sind. Über einen geschotterten Feldweg laufe ich steil hinauf nach Saalenstein. Auch hier ist überall der Boden aufgerissen, aber man kommt voran.
Oben habe ich schließlich die Baustelle passiert und gehe wieder steil hinab ins Saaletal. Nach Überqueren der Saale, führt mich der Weg am anderen Ufer nahe einer Gaststätte erneut steil den Berg hinauf. Jedoch oben geht es wieder nach links steil bergab ins Saaletal. Irgendwie habe ich mir den Radwegverlauf heute anders vorgestellt! Vor Augen hatte ich den schönen Werratal-Radweg. Aber dieses Auf und Ab hatte ich nicht auf dem Schirm! So wirklich komme ich dadurch auch nicht voran! Hinzu kommt, dass einem die Radwegbeschilderung an der Nase herum führt. Waren es im Vorort noch 17 km bis Blankenstein, so sind es gut zwei Kilometer in diese Richtung plötzlich wieder 19 km!
Als ich Joditz erreiche, ist von weitem schon Musik zu hören. Ein Fußgänger spricht mich an und empfiehlt mir, zu dem Fest zu gehen, denn da gäbe es günstige Brotzeiten. Ich bedanke mich und überlege in der Tat, ob ich das machen soll. Da ich am Vortag nicht mehr einkaufen konnte und heute Sonntag ist, sind meine Vorräte ziemlich aufgebraucht. Als ich jedoch um die Ecke komme und die Menschenmenge dicht gedrängt auf einem Platz sehe, beschließe ich, es sein zu lassen. Das ist mir gerade zu viel! Eine kleine Live-Band spielt typische bayerische Volksmusik. Teilweise sind richtig schöne Lieder dabei. Daher mache ich mit etwas Abstand zu den Feiernden eine kleine Pause und esse etwas Wurst und die Laugenstangen vom Bäcker.
Weiter führt mich der Saale-Radweg wieder den Berg hinauf. Ich beschließe, den Radweg zu verlassen. Das hat so keinen Zweck! Wenn ich ohnehin ständig nur bergauf und bergab gehe, von der Saale so gut wie nichts zu sehen bekomme, dann kann ich auch gleich über das Hinterland in Richtung Blankenstein laufen. Ich biege daher auf der kleinen Landstraße ab und steige an einer noch kleineren Straße den Berg hinauf nach Bug. Oben auf immerhin wieder knapp 600 m Höhe, führt mich eine kleine Landstraße zu einem Wäldchen, vorbei an mehreren Apfelbäumen. Ich nutze die Gelegenheit und bediene mich. Doch eine Sorte ist noch nicht reif! Am Wäldchen verlasse ich die Straße wieder und biege auf einen geschotterten Waldweg ab. Leicht geht es bergan, um schließlich wieder abzufallen. An einer markanten Kurve biege ich nach links auf einem Wiesenpfad hinauf zur A9 ab. An dieser entlang wandere ich auf Wiesenwegen in Richtung Schnarchenreuth. Kurz vor dem Ort stoße ich wieder auf eine Landstraße. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick in Richtung Erzgebirge. In der Ferne meine ich, den Fichtelberg erkennen zu können. Aber ich bin mir nicht sicher!
Ab Schnarchenreuth geht es wieder leicht bergab. Urspünglich war es meine Idee, von hier wieder ins Saaletal abzusteigen. Doch ein Blick auf die Karte rät mir davon ab. Und nach Überqueren der A9 merke ich, dass dies eine gute Idee war. Denn hier kommt mal wieder der Saale-Radweg aus dem Saaletal steil hinauf. Ein Glück, dass ich nicht abgestiegen bin!
Ich laufe daher an der kaum befahrenen Landstraße hinab nach Eisenbühl. Steil muss ich nach Verlassen des Ortes hinab ins Tal steigen. Doch kurz vor Erreichen der Saale führt der Weg wieder hinauf. Das gibt es doch nicht! Jedoch auf der Höhe von Kemlas kann ich dann endgültig bergab zur Saale wandern. Hier überquere ich mit der Saale erneut eine Landesgrenze. Mein Ausflug nach Bayern ist nämlich damit nach nur einem Tag schon wieder beendet! Ich befinde mich nun wieder in Thüringen. Eine ehemalige Feldbahn fährt hier im Museumsbetrieb entlang des Ufers in Richtung Blankenstein. Als ich gerade eintreffe, wird die Lokomotive in den Schuppen gefahren. Für mich bedeutet das jedoch freie Strecke. Denn der Wanderweg verläuft hier mitten auf den Schienen, ähnlich einer Straßenbahn. Und viel Platz zum Ausweichen gibt es bei den zum Teil steilen Hängen nicht.
Immer weiter wandere ich flussabwärts an der Saale, bis ich schließlich an einer gigantischen Papierfabrik in Blankenstein ankomme. Im Übrigen ist dies der zweite Ausgangsort für den berühmten Rennsteig. Ich habe somit beide Start- bzw. Zielorte des Rennsteigs bei meiner Tour mitgenommen, ohne jedoch den Rennsteig je gelaufen zu sein. Auch jetzt missachte ich das große hölzerne “R”, das Wanderern den Weg weisen soll. Ich biege dagegen oberhalb der Bahnlinie auf eine kleine Straße durch ein Wohngebiet ein. Extrem steil führt ein neu angelegter Radweg hinauf zum Friedhof. Hier fülle ich meine kleine Wasserflasche wieder auf. Entlang der großen Papierfabrik gehe ich oberhalb der Saale durch das Tal, vorbei an riesigen Haufen Holzhackschnitzel unter Förderbändern.
Als ich schließlich Harra erreiche, wird es bereits wieder dämmrig. Leicht geht es bergab in den Ort, um dafür am anderen Ende umso steiler wieder hinaus zu führen. Wenige 100 m hinter dem Ortsende biege ich nach rechts auf einen Feldweg ein, der mich bergab zu einem Picknickplatz führt. Hier plane ich, mein Zelt aufzubauen. Genau unter mir befindet sich im Tunnel die Zugstrecke. Doch bevor ich mich häuslich nieder lasse, mache ich noch einen Abstecher zu den Totenfelsen ohne Gepäck. Durch den angrenzenden Fichtenwald steige ich wenige Meter auf einem schmalen, wurzeligen Pfad zu den Felsen oberhalb der Saale. Von hier hat man einen herrlichen Blick in Richtung Harra.
Während mein Essen kocht bzw. zieht – es gibt die zweite Packung Treckingnahrung von René –, baue ich mein Zelt auf. Nach nur 10 Minuten kann ich schließlich das leckere Chili-con-Carne zu mir nehmen. Tut das gut! Bei einem bombastischen Sonnenuntergang schreibe ich bis in die Dunkelheit hinein noch meinen Bericht, dann rufe ich Katharina an.
Während ich mit ihr telefoniere, höre ich plötzlich ein leises Miauen. Anfangs denke ich mir noch nichts dabei und gehe davon aus, dass es unsere Kater sind, die ich durch das Telefon gehört habe. Doch als ich das Miauen plötzlich aus einer völlig anderen Ecke zu hören bekomme, realisiere ich, dass es bei mir am Zelt sein muss. Vorsichtig ziehe ich den Reißverschluss auf und luge aus dem Zelt: Ein kleines, tiefschwarzes Kätzchen sitzt davor und ist gerade dabei, meine Mülltüte zu untersuchen. Offensichtlich hat es Hunger, und ich frage mich, was ein so kleines Ding so weit außerhalb eines Ortes zu suchen hat. Ich überlege, was ich dem Kleinen anbieten kann, und mir fallen meine getrockneten Salamiwürste ein. Sicherlich ist das kein ideales Katzenfutter, aber besser als nichts! Ich reiße ein Stückchen ab und werfe es der Katze hin. Gierig schnappt sich die Kleine den Wurstzipfel und fängt an zu fressen. Ich werfe noch ein Stückchen hin und verschwinde wieder im Zelt. Doch ich liege noch nicht richtig, da schaut mich die Kleine durch das Fliegennetz des Innenzeltes neugierig an. Kaum habe ich den Reißverschluss geöffnet, stürmt das Kätzchen in mein Zelt. Eine ganze Weile erdulde ich die Anwesenheit der Kleinen. Aber irgendwann werde ich müde und setze sie vor die „Türe“. Katharina, die die ganze Zeit am Telefon war, meint aufgrund eines Fotos, das ich ihr geschickt habe, das Kätzchen würde wie „Ohnezahn“ aussehen. Wie der Drache aus dem Film “Drachenzähmen leicht gemacht”. Von da ab heißt die Katze Ohnezahn. Und Ohnezahn möchte unbedingt wieder zu mir rein. Ehe ich mich versehe, klettert es an meinem Fliegengitter empor. Aus Sorge, dass mein Außenzelt zerlöchert wird, öffne ich wieder das Innenzelt und lasse sie rein. Soll sie sich eben etwas zu mir legen. Doch der Rabauke denkt nicht an schlafen! Vielleicht hat sie noch etwas Hunger. Ich werfe ihr noch etwas Wurst vor das Zelt und setze sie wieder raus. Schnell ziehe ich den Reißverschluss wieder zu und mache das Licht aus. Ich verabschiede mich von Katharina und harre der Dinge, die nun geschehen werden. Ein klägliches Maunzen setzt ein. Obwohl es mir weh tut, versuche ich, hart zu bleiben und ignoriere es. Ich ziehe den Schlafsack über meinen Kopf und versuche zu schlafen.