Seen wie in Skandinavien und der Hitzekoller

Di., 31.07.2018
Schlaitz – Gossa – Gröbern – Grafenhainichen – Radis – Bergwitz – Pannigkau – Eutzsch – Pratau – Lutherstadt Wittenberg
Kilometer: 42,0 km

Ich breche aufgrund der angekündigten 37°C bereits um kurz vor 6 Uhr auf. Meine innere Uhr lässt mich mittlerweile schon ohne Wecker um 5 Uhr wach werden. Das Zelt ist knochentrocken und daher schnell verstaut. Beim Losziehen reißt mir dann einer der Gurte zwischen Deichsel und Hüftgurt. Der andere hängt auch nur noch an einem Faden. Durch die doppelte Absicherung passiert zwar nichts, aber die Gurte muss ich dennoch in Kürze erneuern. Ich knote sie als Provisorium um den Griff.

Die Gurte sind mittlerweile gerissen

Vorbei an zig Holzskulpturen geht es durch den Ortskern von Schlaitz. Zahlreiche Künstler aus aller Welt haben hier ihr Bestes gegeben. Bis Gossa führt noch ein Gehweg entlang der Straße. Ab Gossa ist es nur noch ein Radstreifen, den ich jedoch ohne Probleme nutzen kann. Die Landschaft hat sich binnen 24 Stunden komplett verändert. Ganz leicht hügelig. Und jede Menge Wald. Dichter Kiefernwald, durchsetzt mit einigen Eichen. Dazwischen immer wieder Wiesen und abgemähte Getreidefelder.

In Gröbern angekommen, verlasse ich die Bundesstraße und es geht auf Schotterstraßen durch den kleinen Ort. Am Gröbener See angekommen, treffe ich auf ein neu angelegtes Ressort. Zahlreiche kleine Hütten stehen am Wasser. Auch Holzflöße kann man hier mieten. Auch hier handelt es sich um ehemaliges Tagebaugebiet. Und wie schon in den letzten Tagen, kommt man sich stellenweise vor wie in Skandinavien.

Wer möchte kann sich hier ein Floß mieten
Oder hier Urlaub machen
Tolle Landschaft

Gegen den Uhrzeigersinn umrunde ich den See. Immer wieder gibt es schöne Ausblicke auf die Wasseroberfläche. Dazwischen verdeckt junger Kiefernwald den Blick. Am Nordufer ist eine frische Brandstelle zu sehen. Zahlreiche Sträucher und einige 100 Quadratmeter Wiese sind hier verbrannt.

Noch ein Blick auf den See

Grafenhainichen erreiche ich über eine Unterführung unter der Bahnstrecke. Mittlerweile ist es 9 Uhr geworden und die Sonne hat mal wieder mächtig zugelegt. Ich bin in den letzten Tagen dazu übergegangen, neben Wasser, das ich weiterhin auf Friedhöfen auffülle, auch 3 Liter Eistee zu trinken. Etwas Süße tut bei der Hitze ganz gut, auch wenn es bei mir im Laufe der Zeit eher ein “Heißtee” ist. Ich sorge daher in einem Supermarkt für Nachschub und mache mich dann auf den Weg in die Altstadt. Diese kann sich für den kleinen Ort durchaus sehen lassen, auch wenn es sich im Prinzip nur um eine Straße handelt.

Grafenhainichen
Das Rathaus

Am Ortsausgang von Grafenhainichen geht es bis Radis wieder entlang der Bundesstraße auf einem Radweg. Ein LKW der Straßenbehörde gießt mit einem langen Schwenkarm nach und nach jeden Straßenbaum. Weit wird er jedoch mit seinem Fass bei der langen Lindenallee nicht kommen.

Ab Radis geht es wieder durch die Felder auf einen Wald zu. Die Bahnstrecke nach Wittenberg führt hier entlang und zahlreiche ICEs düsen vorbei. Meine Hoffnung, hier Schatten zu finden, werden jedoch zunichte gemacht. Denn die Deutsche Bahn hat den neben der Bahnstrecke führenden Schotterweg radikal abgeholzt. Bäume gibt es hier nicht mehr und damit auch keinen Schatten. Erst kurz vor Erreichen des  Bergwitzsees, geht es wieder durch einen schattigen Wald.

War wohl nix mit Schatten!

Am Campingplatz von Bergwitz beschließe ich, an der Rezeption zu fragen, ob ich mein Wasser neu auffüllen kann. Ich habe zwar noch etwas in der Flasche, aber das ist mittlerweile warm wie Tee. Etwas Kühles wäre mir lieber, da ich am Vortag bemerkt habe, dass es mein Körper bei den Temperaturen nicht mehr schafft, mich ausreichend zu kühlen. Trotz viel Trinkwasser, erhitzt sich der Kopf zu sehr. Der Mann an der Rezeption hat kein Problem damit, dass ich kurz auf dem Platz verschwinde und meine Flaschen neu befülle. Ah, was tut das gut. Dankend ziehe ich weiter. Vorbei am Badestrand von Bergwitz. Selbst hier suchen die meisten Gäste die schattigen Bereiche auf.

Nachdem ich den Ort durchquert habe, setze ich mich in einem Wohnviertel unter einer alten Linde auf den Boden. Endlich Schatten und etwas Wind! Nach ca. 5 Minuten kommt plötzlich eine Anwohnerin aus dem Haus. In der Hand ein Glas Wasser. „Junger Mann, ist mit Ihnen alles gut?“, möchte sie wissen. Ich kann sie beruhigen. Mir geht es trotz der Hitze noch gut, und ich mache nur eine kleine Pause. Das Glas Wasser nehme ich jedoch dankend an. Wir kommen ins Gespräch über das Wetter und die Reise. Sie würde ja eigentlich den Sommer und die Wärme lieben, aber das wäre selbst ihr zu viel. Vor meiner Reise bei dem Wetter hätte sie großen Respekt. Ich soll jedoch auf mich aufpassen. Sie erzählt mir, dass sie in der ganzen Bundesrepublik Verwandtschaft hat. Eigentlich wollten sie und ihr Mann vor der Mauerschließung im Westen bleiben, aber dann waren sie zu langsam und hingen hier fest. Und jetzt, meint  sie, reicht die Rente nicht aus, um noch woanders einen Neustart zu beginnen. Sie wäre so wütend auf die Politik. Ihr ganzes Leben hat sie gearbeitet und übrig bleibt eine mickrige Rente, die kaum reicht. Sie hat es nie für möglich gehalten, dass der Betrag so niedrig sein könnte.  Wir verabschieden uns, und für mich geht es neben einer Kopfsteinpflasterstraße zur Bundesstraße.

Also hier möchte ich mich nicht waschen. Igitt!

Ein guter Radweg führt hier bis nach Eutzsch. Der Neubau einer Umgehungsstraße zwingt mich dazu, mehrmals die vielbefahrene Bundesstraße zu wechseln. Zum Glück gibt es hier Ampeln!

Baustelle zwingt mich zu Umwegen

Hinter Pratau geht es neben der vierspurigen Bundesstraße und der Bahnlinie über einen Damm und über  Brücken hinüber nach Wittenberg. Es ist mittlerweile 17 Uhr, und wir haben es mittlerweile dermaßen heiß, dass ich erstmals spüre, wie grenzwertig die Situation ist. Es stellt sich ein leicht mattes und matschiges Gefühl im Kopf ein. Ganz leichte Tendenzen hin zur Übelkeit. Der Atem ist heiß, und im Prinzip alles an mir fühlt sich extrem warm an. Ich muss jetzt unbedingt ein schattiges Plätzchen finden und mich herunter kühlen. In einem Supermarkt kaufe ich daher zum ersten Mal Eis. Eine 8er-Packung.

Blick auf die Elbe und Wittenberg

Im Schatten fange ich an, mich mit dem Eis langsam wieder herunterzukühlen. Und es hilft! Ich spüre, wie es mir nach und nach wieder besser geht.  Am schlimmsten ist nicht etwa die Mittagshitze, nein, gegen 17 Uhr erreicht die Temperatur meist ihren Höhepunkt. Ich muss für die Zukunft echt darauf achten, zu dieser Zeit nicht mehr unterwegs zu sein. Das kann sonst auch mal in die Hose gehen!

Es gibt Eis. 8 Stück!

Entlang der Elbe suche ich mir ein Plätzchen für die Nacht. Ich habe vor, wieder ohne Zelt zu übernachten. Warm genug ist es ohnehin. Einzig eine dunkle Wolkenfront aus Westen macht mir etwas Sorgen. Aber zur Not habe ich alles schnell griffbereit, um auch das Zelt aufzubauen.

Abendstimmung an der Elbe
Sonnenuntergang an meinem Schlafplatz

 

Ein Gedanke zu “Seen wie in Skandinavien und der Hitzekoller”

  • Ich ziehe bei solche Hitze bei jedem Wasser Stopp mein T-Shirt aus, mache es komplett nass und zieh es wieder an, das kühlt sehr sehr gut! Ein mit Wasser getränkter Hut tut auch sehr sehr gut! Noch besser natürlich zusätzlich etwas Wind, doch das ist auf dem Radl ja deutlich einfacher….

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