Steile Klippen und ein gemütlicher Abend zu viert
Sa., 30.06.2018
Es scheint die Sonne auf das Zelt. Am Vortag habe ich es um 7 Uhr wegen der Hitze nicht mehr ausgehalten, aber heute scheint es mehr abgekühlt zu haben. Im überdachten Picknickbereich machen wir es uns gemütlich. Katharina hatte gestern jede Menge leckere Sachen mitgebracht. Überhaupt war sie dieses Mal ausgestattet, der absolute Wahnsinn! So gibt es auch gleich mal die leckere Kirschmarmelade zum Probieren. Die ist wirklich sehr lecker geworden. Nach dem Frühstück überlegen wir, was wir machen wollen. Wir entscheiden uns, erst mal Blankenburg zu besuchen. Im Aldi kaufen wir noch etwas ein, danach geht es in die Innenstadt. Durch schmale Gassen immer weiter den Berg hinauf. An einer Kirche wird gerade für ein Brautpaar der Eingang geschmückt. Hinter der Kirche geht es noch weiter den Berg hinauf, bis wir schließlich am großen Schloss von Blankenburg ankommen. Vom Innenhof bin ich schwer fasziniert! Im Geiste stelle ich mir die Zeit damals vor. Der König und am Rand das einfache Volk, aber dennoch durch schwere Burgmauern vor Feinden geschützt.
Wir umrunden das Schloss und steigen auf der anderen Seite durch einen Park wieder ab. Überall treffen wir auf Vorbereitungen für das Hochzeitspaar. Sogar eine weiße Schaukel wurde mit Blumen geschmückt in eine Buche gehängt. In einem für die Besucher nicht zugänglichen Bereich auf der Schlossrückseite hängen überall weiße Lampions, und später im unteren kleinen Schloss und Schlossgarten ist ebenfalls alles für das Paar vorbereitet, wie weiße Stuhlhussen verraten. Na, die halten ja Blankenburg schwer auf Trab! Es muss wohl eine wohlhabendere Familie sein. In der Touristinformation von Blankenburg erkundige ich mich nach den Stempeln für die stempellosen Sammelstellen. Ich kann hier einfach mein Heft nachstempeln lassen, erfahre ich von der freundlichen Dame. Nur das Heft habe ich leider nicht dabei. Dann eben am Montag.
Nachdem ich noch das Passwort für das Gratis-WLAN erfragt habe, machen wir uns wieder auf den Weg Richtung Pizzabäcker. Den habe ich einmal vor zwei Jahren bei einer Tagestour entdeckt und als sehr lecker in Erinnerung. Aber leider hat dieser noch zu. Wir beschließen daher, den ortsansässigen Dönerladen zu besuchen. Eine extrem lange Schlange bei meinem letzten Besuch hat mich damals davon abgehalten, dort etwas zu kaufen. Ich war damals einfach zu ungeduldig. Aber lange Schlangen sagen ja in der Regel nur Gutes über das Essen aus. Daher bestellen wir dort kurz darauf jeder eine Pizza. Und was soll ich sagen? Die beste Pizza, die ich je bei einem Döner-Imbiss gegessen habe! Katharina stimmt mir da zu. Richtig schöner dünner Teig, gut belegt und schön viel Käse. So soll es sein.
Mit schwerem Bauch machen wir uns wieder auf den Weg zum Zelt. Am Abend möchten wir noch die Teufelsmauer besteigen. Den Weg, der mir aufgrund des Wagens versperrt blieb. Von meinem Besuch vor zwei Jahren weiß ich schon, was uns erwartet. Aber erst einmal möchten wir einen kleinen Mittagsschlaf machen. Ich döse jedoch nur vor mich hin, setze mich mit dem Laptop in den Picknickbereich und schreibe Berichte.
Gegen 17 Uhr wecke ich Katharina und frage sie, ob wir los wollen. Und so sind wir kurz darauf auf einem schmalen Waldweg, aber im Gegensatz zur Südseite ohne Wurzeln und Felsen, auf dem Weg Richtung Mauer. Hier wäre ich gescheiter einmal mit dem Wagen entlang gefahren.
Oben angekommen, geht es nun auf einem schmalen Grat wieder Richtung Westen. Mit jedem Kilometer Richtung Blankenburg wird der Grat beeindruckender. Immer wieder wird der Weg durch Eisengeländer gesichert. Wir machen auf den Sandsteinfelsen einige Bilder im Abendlicht. Der Höhepunkt ist schließlich mit dem Großvaterfelsen erreicht. Neben drei Holzpilzen beginnt ein steiler, klettersteigartiger Aufstieg hoch auf den Sandsteinturm. Von dort oben hat man eine tolle Aussicht auf die Umgebung. Nachdem wir wieder abgestiegen sind, machen wir uns auf den Weg zum Zelt.
Als wir gerade das Gelände der Herberge betreten, kommen zwei junge Männer aus dem Gebäudekomplex. Hallo, wer sind denn Sie, möchte einer der beiden wissen. Wir gehen auf sie zu und stellen uns vor. Ich erkläre ihnen die Zusammenhänge und warum da hinten ein Zelt steht. Kevin und Anton sind beeindruckt und fragen uns, ob wir noch Hunger haben. Sie sind Betreuer eines zweiwöchigen internationalen Jugendtreffs, und die Küche hat für sie Unmengen an belegten Brötchen und Salate vorbereitet. Sie wissen gar nicht, wer das alles essen soll. Wir nehmen das Angebot dankend an und folgen den beiden in den Wintergarten. Während wir vier essen, entwickelt sich ein langes Gespräch über viele Themen.
Kevin sieht Deutschland als ein Multikulti-Land, und hat damit auch kein Problem. Wie er selbst sagt, wäre er auch sonst als Betreuer von einem internationalen Jugendtreffen hier falsch aufgehoben. Er findet es aber schade, dass wir dennoch nicht auf unser Land stolz sind. Wir können nichts dafür, was mehrere Generationen vor uns zu Hitlers Zeiten angestellt haben. Daher freut er sich auch immer auf Fußball WM und EM, da dies der einzige Zeitpunkt ist, wo wir Deutschen einmal etwas wie Nationalstolz zeigen. Es stört ihn auch, dass aus der deutschen Fußballmannschaft mittlerweile nur noch die Mannschaft wurde. Man hat das Gefühl, es wird uns nach und nach verboten, Deutscher zu sein.
Er stimmt mir zu, dass man tatsächlich nach so vielen Jahren deutscher Wiedervereinigung immer noch spürt, im jeweils anderen Teil Deutschlands zu sein. Er sagt, die Ostdeutschen sind unheimlich empfindlich, wenn es um ihr Eigentum geht. Wenn da einer nur in die Nähe kommt, werden die meisten argwöhnisch. Im Westen Deutschlands ist das nach seinem Empfinden nicht so. Er findet es schade, dass es nach so vielen Jahren immer noch die Bezeichnungen “Ossi” und “Wessi” gibt.
Er erzählt mir, dass er vor hat, ein Jahr nach Australien zu gehen: Work & Travel. Das wäre sein größter Wunsch, und wie ich schon richtig festgestellt habe, ginge das nur in jungen Jahren. Ich ermutige ihn, dies zu machen.
Wir reden und reden und kurz vor Mitternacht verabschieden wir uns schließlich. Ich gebe den beiden noch jeweils eine der neuen Visitenkarten.