Auf der Suche nach Wegen und die “Straßenfestung”

Fr., 13.07.2018
Bodensee – Krebeck – Ebergötzen – Landolfshausen – Waake – Roringen
Kilometer: 20,0 km

Ich wache für meine Verhältnisse relativ spät auf. An manch einem Tag habe ich um 8 Uhr bereits einige Kilometer Strecke gemacht. Aber ich habe ja Zeit, warum also stressen? Das Außenzelt ist mal wieder klitschnass. Mehr von innen, als von außen. Aber im Gegensatz zu den Vortagen scheint heute die Sonne von einem wolkenfreien Himmel.
Ich nutze daher die Chance und drehe das Zelt wie ein Hähnchen am Spieß immer schön in die Sonne. Bis es schließlich trocken ist. Die ganze Prozedur dauert knapp eine Stunde, sodass ich kurz nach 9 Uhr los marschiere. Am Ortsrand von Bodensee geht es durch Felder leicht den Berg ansteigend Richtung Krebeck.

In der Ferne liegt der Harz mit dem Brocken

Richtig wach bin ich noch nicht. Und es lassen sich bereits zwei deutliche Unterschiede zum Vortag feststellen: Zum einen, dass es heute richtig heiß wird. Es fehlt an Wind und die Sonne brutzelt nur so herunter. Und zum anderen, dass die Landschaft eintöniger geworden ist. Zwar weiterhin hügelig, aber deutlich flurbereinigter als am Vortag.

Die Landschaft ist deutlich flurbereinigter

Krebeck durchquere ich nur kurz und laufe auf einem asphaltierten Weg entlang von Obstbäumen. Mit dabei auch drei Kirschen. Ich halte an, um zu schauen, ob ich mir ein paar Früchte ernten kann, aber im Gegensatz zu Sachsen-Anhalt habe ich hier eifrige Konkurrenz. Und die war schon aktiv. Im unteren Kronenbereich ist bereits alles abgeerntet. Mir fällt zudem auf, dass die Kirschen hier auf der Süd-Westseite des Harzes alle sehr klein sind. Offenbar waren hier die Entwicklungsbedingungen nicht so optimal wie in Sachsen-Anhalt.

Leicht geht es den Feldweg den Berg hinab. Immer wieder überqueren tiefe Rinnen die Straße, die sichtbar nachträglich eingebaut wurden. Da hat man wohl aufgrund der Maisfelder links und rechts schon ungute Erfahrungen mit Starkregenfällen gemacht. Diese Felder führen ja oft in der Anfangszeit, wenn das Feld noch brach und offen da liegt, zu Problemen bei Starkregen.

In Ebergötzen besuche ich einen Supermarkt und laufe von dort bergan durch Getreidefelder auf drei Windräder zu. Meine Idee, den Hügel zu umrunden, geht leider in die Hose. Zwar habe ich am Anfang eine deutlich geringere Steigung vor mir, aber dann führt der Weg in eine Senke, um erneut anzusteigen. Da wäre der Weg über den Buckel mit nur einer Steigung doch angenehmer gewesen. Aber nun gut, jetzt ist es eben so!
Mehr oder weniger auf einer Höhe geht es nun auf Landolfshausen zu. Leider die komplette Strecke in voller Sonne, da hier oben außer Getreide nichts wächst.
Meine 2,5 Liter werden bereits jetzt immer weniger. Laut meiner Karte hat Landolfshausen auch keinen Friedhof oder Supermarkt. Hätte ich doch im Vorort mal dran gedacht!

Im Ortszentrum suche ich auf meiner Karte den weiteren Weg. Ein Auto hält an, und zwei junge Damen fragen mich, ob ich den Käsehof suche. Ich lache und sage nein, den suche ich nicht. Ob sie mir anderweitig weiterhelfen können, wollen sie wissen. Ich verneine auch das, da ich mittlerweile den Wanderweg entdeckt habe.

Wie alt mag diese Türe wohl schon sein?

Durch das Tal geht es nun auf einen Wald zu. Endlich Schatten! Doch kurz vor dem Wald bleibe ich an einer Kreuzung stehen und ändere spontan meine Route. Ursprünglich wollte ich den Göttinger Stadtwald umrunden und von Süden nach Göttingen einlaufen. Nun entscheide ich mich jedoch, direkt auf Göttingen zuzulaufen und somit von Osten her zu kommen.
Mit der Entscheidung heißt es für mich allerdings, erst mal weiter volle Dröhnung Sonne und den Schatten links liegen lassen. Denn durch ein Seitental geht es nun erst mal weiter durch Wiesen und Felder. Doch recht bald erreiche ich auch da einen Wald.

Auf einer Bank verbringe ich sicherlich fast zwei Stunden. Beobachte ein Reh, das sich einen Weg durch Getreidefelder und Wiesen zum Waldrand bahnt. Denke über meine weitere Routenplanung nach und ob ich es überhaupt schaffen werde, innerhalb eines Jahres Deutschland zu umrunden.
Als ich wieder aufbreche, bin ich ziemlich überrascht im Wald am Ende des Tales große Sandsteinformationen vorzufinden.

Sandsteinfelsen im Wald

Nach einer kurzen Steigung habe ich die Anhöhe mit Waake erreicht. Über Felder geht es an den Ortsrand. Hier habe ich auch endlich die Chance, meine Flaschen wieder aufzufüllen, denn Waake besitzt einen Friedhof.
Auf einer Bank sitzend mache ich erneut Pause, esse etwas und überlege, wo ich die Nacht verbringen werde. Soll ich hier bleiben, oder weiter den Berg hinauf nach Roringen?
Es ist erst 15 Uhr, und irgendwie habe ich das Gefühl, heute noch gar nichts geschafft zu haben. Ich entschließe mich daher für Weiterlaufen.
Durch den Ort geht es entlang der B27, die in diesem Bereich breit ausgebaut ist, und wenig später unter dieser hindurch in den Wald. Ein breiter geschotterter Waldweg führt leicht ansteigend den Berg hinauf. Laut meiner Karte und auch Markierung ein Wanderweg. Nach ca 400 m biegt ein weiterer Schotterweg nach rechts ab. Laut Karte geht es für mich jedoch geradeaus weiter.
Ich folge dem Weg weiter leicht ansteigend den Berg hinauf. In der Ferne hört man das Rauschen der B27. Plötzlich stehe ich an einem Hochsitz, und der Weg endet.

Ja, wie jetzt? Ich schaue auf meine Karte, schaue auf mein GPS-Gerät.
Ah, da bin ich. Aber wo ging da jetzt links ein Weg ab? Da war doch gar nichts. Ich laufe die 200 m zurück. Kein Weg weit und breit. Laut Karte und sogar Googlemaps, die eigentlich nur die breiten Wege einzeichnen, soll hier aber ein Weg sein. Noch dazu ein ausgeschilderter Wanderweg. Ich starre auf mein GPS-Gerät. Das zeigt mir ebenfalls einen Weg an, der hier abzweigt. Vor mir ist jedoch nur Kraut und Rüben. Mit etwas Phantasie kann man zwar so etwas wie einen Weg erahnen, aber dagegen sieht jede Rückegasse der Forstwirte breiter aus.

Links oder Rechts? Jeder würde hier natürlich Rechts weiter gehen.

Wer mich kennt, weiß nun, was passiert. Ich schnappe mir meinen Wagen, schnalle ihn mir wieder um und fahre rein in die Wildnis.

Hilfe, wo ist hier Bitteschön ein Weg? 

Das, was man als Weg erahnen könnte, wird nach wenigen Metern wirklich nur noch Wildnis. Hier ist definitiv kein Weg mehr. Aber umkehren? Nöö! Mit mir nicht! Über Stock und Stein, durch dichtes Unterholz geht es mühsam voran.

Also jetzt bin ich wirklich im Nirgendwo

Wer mich jetzt sehen würde, würde sich auch denken: Der hat nicht mehr alle Latten am Zaun. Aber laut Karte soll nur wenige 100 m weiter ein anderer breiter Weg von Norden her dazu stoßen. Vielleicht ist ja der da.

Da geht es jetzt durch. Irgendwie

Und tatsächlich ist plötzlich wieder etwas wie ein Weg zu erahnen. Und schließlich stehe ich wirklich wieder auf etwas, was den Begriff Weg verdient hat.

Es ist wieder etwas wie ein Pfad erkennbar

Ich schnippe erst mal gefühlt 10 Zecken von meinen Hosenbeinen, und dann geht es weiter. Ich nähere mich der Bundesstraße und muss zu meiner Verwunderung erkennen, dass sich an dieser plötzlich ein bestens ausgebauter Radweg befindet. Wo kommt der denn jetzt plötzlich her? Und warum ist hier alles eingezäunt?

Privatgelände? Nee, Wildschutz der massiven Art

Ich stehe plötzlich mitten im Wald und einem Waldweg, vor einem Tor. So läuft das nun also beim aktiven Tierschutz. Ganze Bundesstraßen werden zu Hochsicherheitsbereichen. Fehlt nur noch Stacheldraht auf dem Zaun.
Kilometerlang folge ich nun mal innerhalb, mal außerhalb des Zaunes der B27. So gut ich diesen Schutz für Mensch und Tier auch finde, etwas Makaberes hat es schon an sich, nun mitten in der Natur ganze Straßenzüge einzuzäunen. Und ich rede hier nicht von billigem Kaninchendraht. Das sind richtig massive und teure Zaunanlagen, die hier aufgestellt wurden. Auch eine große Wildbrücke gehört mit zum Bestandteil der Strecke, sowie zahlreiche Durchlässe in einem Wall.

Unterwegs im Hochsicherheitsbereich “B27”

In Roringen angekommen, überlege ich am Sportplatz, was ich mache. Am liebsten würde ich ja hier bleiben, aber trotz mehreren Versuchen erreiche ich niemanden. Obwohl ich mehrere Vorstandsmitglieder angerufen habe. Ich versuche es daher beim Sportwart, der mir schließlich auch eine Zusage erteilt. Ich kann hier bleiben. Dafür herzlichen Dank!

2 Gedanken zu “Auf der Suche nach Wegen und die “Straßenfestung””

  • Ebergötzen, da wollen wir demnächst hin, da gibt es das europäische Brotmuseum.hast du das zufällig gesehen?
    Hast du mittlerweile einen Namen für deinen Wagen? Ich bin noch am überlegen aber mir ist noch nichts originelles eingefallen.
    Hier regnet es, ich hoffe du hast besseres Wetter. Liebe Grüße

    • Kann mich nicht daran erinnern, ein Brotmuseum gesehen zu haben. Sonst hätte ich es sicherlich für Sebastian fotografiert.
      Nein habe noch keinen Namen. Wetter ist heute leicht bewölkt und zum Glück etwas kühler.

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