Göttingen und jede Menge Jagd
Sa., 14.07.2018
Roringen – Herberhausen – Göttingen – Herberhausen
Kilometer: 16,1 km
Gegen 8.30 Uhr wache ich durch die Wärme im Zelt auf. Ich packe meine Sachen und drehe das Zelt von allen Seiten in die Sonne, um es zu trocknen.
Heute liegen nur wenige Kilometer vor mir. Aber Johannes, ein Freund von Katharina, hat erst gegen 19 Uhr Zeit. Ich überlege daher, was ich mache. Ich sitze eine Weile auf einer Bank und genieße den Blick auf Göttingen.
Mir fällt ein, dass Morgen ja Sonntag ist und somit die Läden geschlossen. Ich benötige allerdings noch etwas zum Essen. Daher beschließe ich, mich auf den Weg nach Göttingen zu machen. Vorbei an Johannes’ Unterkunft. Entlang eines Baches geht es vor zur B27. An dieser entlang geht es in die Vororte von Göttingen.
Hier entschließe ich mich spontan dazu, doch der Innenstadt einen Besuch abzustatten. Auf Fahrradstraßen geht es vorbei an Krankenhäusern Richtung Stadtmitte. Diese erreiche ich wenig später über den Theaterplatz. Meine Güte, ist es hier voll! Mich erinnert der Trubel an Heidelberg. Wobei es da noch etwas enger zu geht.
Während ich mich so durch die Menschenmassen schiebe, spricht mich ein junger Student an. Coole Sache, die du da vor hast, meint er. Ich erkläre ihm kurz, wo ich gestartet bin und wo es noch hingehen soll, dann trennen sich auch schon wieder unsere Wege. Ein paar Straßen weiter treffe ich Fabi. Der junge Mann – ich schätze ihn auf Anfang 20 – lebt seit drei Wochen auf der Straße. Er hat eine Ausbildung zum Handelskaufmann begonnen, aber dann wieder abgebrochen. Als ich von ihm wissen möchte, ob er freiwillig auf der Straße wohnt oder mit so jungen Jahren hereingerutscht ist, meint er, es hätte sich leider so ergeben und er hätte sich nun damit arrangiert. Er könne auch nicht in Wänden wohnen, selbst sein Zelt würde er meist wieder verlassen. Er braucht Freiheit. Ich wünsche ihm alles Gute und verlasse Göttingen nach Osten über einige Stadtparks, um schließlich den Göttinger Stadtwald zu betreten. Humane Steigungen geht es den Berg hinauf. Oben angekommen, verweile ich eine Zeit lang auf einer Bank an einer Lichtung. Doch schließlich mache ich mich wieder auf den Weg hinab nach Herberhausen.
Johannes ist mittlerweile zu Hause eingetroffen. Er ist leidenschaftlicher Jäger und betreut nebenher den Schießstand. Nachdem ich geduscht habe, gibt es erst mal ein kühles Bier, und Johannes bereitet die Lasagne vor. Im Garten, der aussieht wie ein kleines Paradies, machen wir es uns gemütlich. Wir unterhalten uns über alle möglichen Themen, aber in erster Linie über die Jagd. Ich weiß, das Thema polarisiert, aber ich möchte mir selbst ein Bild machen und lasse mir alles zeigen. Sehr interessant finde ich die Anlage, mit der Johannes benutzte Patronenhülsen wieder aufbereitet und neu befüllt. Die Technik finde ich äußerst interessant und clever. Ich darf daher auch mal ran und alte Zündköpfchen heraus pressen.
Ich erfahre jede Menge über Kaliber, Patronenhülsen, Zündköpfchen, Geschosse, Druck , Jagdrecht, Pacht, und vieles mehr.
Ich möchte von Johannes wissen, was genau er so faszinierend an der Jagd findet. Er erzählt mir bei einem Spaziergang mit den Hunden, dass es in erster Linie die Technik und der Naturschutzgedanke ist. Aber natürlich macht es auch Spaß, Wildschweine zu überlisten, die äußerst clever sind, und das anfallende Fleisch ist natürlich auch nicht zu verachten. Aber in erster Linie ist die Jagd eine künstliche Dezimierung, um das Gleichgewicht in der Natur wieder herzustellen. Sie würden in einer Kirrung (einer Lockfütterung) auch nicht anfüttern, sondern anlocken. Denn bei einer Fütterung darf nicht geschossen werden, was bei einer Kirrung aber der Hintergedanke ist.
Als wir auf das Thema Wildschweine kommen, erzählt er mir, dass einige Wildschweine mittlerweile ihre Strategie geändert haben und nicht die Flucht ergreifen, sondern sofort angreifen. Es sei daher oftmals als Betroffener die bessere Strategie, einen Angriff zu fingieren, anstatt abzuwarten und sich still zu verhalten. Diese Information ist auch für mich neu, dachte ich doch bisher immer, Wildschweine greifen nur an, wenn man sie bedrängt oder man zwischen Bache und Frischlinge gerät.
Im Garten zeigt mir Johannes noch seinen Harris Hawk Bussard. Auch für diesen benötigt man einen Waffenschein, da Greifvögel vom Gesetzgeber als Waffe eingestuft werden. Außerdem zündet er für mich verunreinigtes Zündpulver von den Patronen auf einem Baumstamm an, um mir zu zeigen, dass dieses ohne Druck ungefährlich abbrennt. Mit Druck hingegen kommt es zur Explosion. Er erzählt mir auch, dass alle Artikel von den Hülsen bis hin zu den Zündköpfchen von jedermann über 18 Jahren erworben werden kann. Daher durfte ich auch an der Maschine die Zündköpfchen herausdrücken. Nur für das Pulver benötigt man einen Schein.
Nachdem ich nochmal kurz mit Katharina telefoniert habe, gehe ich nach Mitternacht ins Bett.