Auf der Suche nach Wasser und Schatten
Do., 26.07.2018
Luppenau – Wallendorf – Zweimen – Göhren – Zschöchergen –Klöschitz – Günthersdorf – Großlehna – Markranstädt
Kilometer: 22,3 km
Ich werde heute schon vor 5 Uhr wach. Der Horizont glüht orangerot. Ich habe fast nichts, und bin dennoch in der Lage, solche schönen Momente zu genießen.
Ich überlege, was ich heute machen werde. Noch einmal so weit möchte ich heute nicht laufen. Zum einen habe ich Leipzig fast erreicht, zum anderen soll es heute noch heißer werden. Nach einem Blick auf die Karte, beschließe ich, den nächsten See, den Kulkwitzer See anzusteuern. Das liegt in einem machbaren Radius und auch in meiner Richtung. Und Seen haben sich bei dem Wetter als gute Lösung herausgestellt.
Ich will mein GPS-Gerät starten, um noch die Kilometer vom Vortag zu übertragen, doch nichts tut sich! Was ist denn da jetzt los? Die Batterien habe ich doch erst gewechselt? Ich drücke und mache, aber nichts tut sich. Ich nehme daher die Batterien und die SD-Karte aus dem Fach, warte kurz und wage einen zweiten Versuch, nachdem diese wieder eingesetzt sind. Doch der Bildschirm bleibt schwarz. Ich unternehme daher einen Versuch über den PC. Doch auch bei einer Verbindung über PC will das Ding nicht mehr. Auch die Software kann mein GPS-Gerät nicht mehr finden. Na super, ich ahne Böses!
Ich bemerke bei genauem Hinsehen, dass sich doch etwas tut. Der Bildschirm wird mal minimal heller, dann wieder dunkler. Ich suche im Internet alle möglichen schlauen Griffe zum Zurücksetzen. Doch nichts davon hilft. Nach einer Recherche im Internet scheint sich jedoch die unschöne Möglichkeit durchzusetzen, dass der Bildschirm defekt ist. Oder Variante zwei, irgendwas auf der Platine ist durchgeraucht.
Das heißt für mich: Ab sofort kein Tracking mehr, was wiederum bedeutet, jeden Abend die Strecke von Hand nachzuzeichnen.
Nachdem ich alles zusammengepackt habe, geht es für mich schon vor 7 Uhr los. Noch ist es relativ kühl. Und das möchte ich nutzen. Über Schotterwege geht es durch Wiesen entlang des Sees und kurz darauf vorbei am nächsten See. Dem Raßnitzer See.
In Zweimen sitzen an einer Picknickstelle drei Männer, alle mit Rucksäcken ausgestattet. Ob ich auf dem Pilgerweg unterwegs bin, wollen sie wissen. Zum Teil ja, entgegne ich. Aber nicht als Pilger.
Die drei sind von meinem Wagen angetan. Soll ich mir patentieren lassen, meint einer. Ich lache, und sage, solche Wägen gibt es in vielen Variationen, und dieser hier ist auch nur nachgebaut. Sie erzählen mir, dass sie zu Fuß von Leipzig bis Naumburg unterwegs sind und dem Pilgerweg folgen wollen. Heute würden sie aber die Seen ansteuern. Also genau wie ich. Der Dialekt der drei enttarnt sie als Franken. Einer der drei meint, wenn ich dann in Franken bin, müsste ich abends einen Schoppen trinken.
An einer Gärtnerei vorbei, geht es über Feldwege nach Günthersdorf. Hier gibt es einen großen Gewerbepark, unter anderem mit Ikea.
Ich erinnere mich an Magdeburg und die Steckdosen und beschließe daher, dem Restaurant einen Besuch abzustatten. Mit dem Wagen fahre ich in den ersten Stock und mache mich an den Tischen auf die Suche nach Steckdosen. Doch Enttäuschung macht sich breit! Dieser Ikea, obwohl optisch auch neu, hat keine im Angebot. Ich setze mich dennoch hin und hole mir etwas zu essen. Immerhin WLAN gibt es!
Nach der Stärkung geht es mit dem Wagen durch die Markthalle. Einen anderen Weg hinaus gibt es nicht. Das sorgt für einige erstaunte Blicke bei den Kunden. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, mit dem Wagen aufzufallen.
Nachdem ich Ikea verlassen habe, statte ich noch dem gigantischen Einkaufscenter gegenüber einen Besuch ab. Eine futuristische Eingangshalle lässt einen wie im tiefen Ozean vorkommen. Das hat etwas Entspannendes!
Ich setze meinen Weg über Felder und kerzengerade Wegen nach Süden Richtung A9 fort. Die Landschaft hier ist mal wieder mit einem Wort zu beschreiben: Öde. Nach Überqueren der A9 zeigt eine Dehnungsfuge im Asphalt, dass ab hier ein neues Bundesland für den Straßenbau zuständig ist. Sachsen ist erreicht!
Ein Glück, dass heute ein kräftiger Wind weht, der die Temperaturen hier draußen auf den Feldern erträglicher macht! Ich bin dennoch froh, als ich schließlich Markranstädt und den Kulkwitzer See erreiche. Auf schmalen Pfaden geht es durch den Wald oberhalb des Sees, der einen ganz anderen Charakter wie die Seen gestern hat. Der Wald reicht hier an der Westseite bis an das Ufer. Immer wieder zweigen kleine Trampelpfade ab zu kleinen Ausblicken oder Buchten. Und in einer finde ich schließlich auch ein Plätzchen für mich. Schön im Schatten und doch direkt am Wasser. Nur zum Übernachten muss ich später noch einmal umziehen. Aber da hatte ich unterwegs auch schon eine Stelle gesehen, die aber belegt war.
Nach einem ausgiebigen Bad im See, mache ich mich kurz vor Sonnenuntergang wieder auf den Weg. Ich bemerke jedoch auf dem Rückweg, dass offenbar heute Nacht mehrere Leute vorhaben, hier zu übernachten. In vielen Buchten haben sich junge Pärchen Hängematten in die Bäume gespannt. Andere liegen auf Luftmatratzen am Boden.
Es wird wohl doch nicht so einfach mit einem Schlafplatz werden wie gedacht. In unmittelbarer Nähe zu einer größeren Jugendgruppe ist noch ein Platz frei. Aber so wirklich kann ich mich mit der Platzwahl nicht anfreunden. Hinzu kommt, dass hier ein seltsamer Typ herumschleicht. Mit einem Hühnerknochen in der Hand, dazu südländisches Aussehen, kriecht er immer wieder in den Büschen herum.
Anfangs gehe ich noch davon aus, dass er zu der Jugendgruppe gehört und mal austreten muss. Aber dies ist nicht der Fall. Ich ziehe daher weiter und finde schließlich etwas abseits noch einen Platz am See. Ich kann es heute wieder bei Isomatte und Schlafsack belassen. Nachdem ich mit Katharina telefoniert habe, mache ich es mir auf der Matte bequem und schaue hoch in den Sternenhimmel.
Plötzlich vernehme ich Geräusche, die ich so in einem Wald nicht zuordnen kann. Ich habe schon häufig im Wald geschlafen, und die Geräusche unserer heimischen Tierwelt sind mir vertraut. Aber was ich da höre, ist nichts Tierisches. Es hört sich an als ob jemand im Dunkeln Glasflaschen sammelt und dazu ein Scharren und Ziehen von etwas Schwerem über den Boden. In der Richtung gibt es aber auch keine Bucht, in der sich Menschen aufhalten könnten. Alles sehr seltsam! Ich muss an den seltsamen Typen vom Abend denken und an so manchen billigen Horrorfilm, wo meist junge Leute beim Campen nach und nach von einigen Verrückten abgeschlachtet werden.
Wahrscheinlich wird irgendein Tier zwischen Glasflaschen, die von Menschen in die Natur geworfen wurden, nach Fressbaren suchen. Mit dieser einzigen logischen Erklärung schlafe ich schließlich ein.