Weinberge, Sturmschäden und eine Schulkasse auf Wanderschaft
Do., 27.09.2018
Himmelstadt – Retzbach – Zellingen – Erlabrunn – Margetshöchheim – Zell am Main – Kloster Oberzell – Würzburg – Reichenberg
Kilometer: 38,0 km
Als ich nachts wach werde, bin ich froh, dass Katharina das Inlett mitgebracht hat. Ohne dieses wäre es im Schlafsack ziemlich frisch geworden. Einige Stunden später wache ich gegen 7 Uhr wieder auf. Als ich aus dem Zelt schaue, erblicke ich eine tolle Nebelstimmung über dem Maintal. Trotz der Kälte – es hat knapp 3 Grad – hält mich nichts mehr im Zelt. Ich baue mein Stativ auf und installiere die Kamera. Immer wieder verändert sich die Stimmung im Tal. Nebenher beginne ich mit dem Abbau des Zeltes. Dank des Steinbodens ist das Außenzelt komplett trocken.
Knapp zwei Stunden lang beobachte ich das Nebelspiel über dem Maintal. Dann löst sich der Nebel nach und nach auf, und ich laufe los.
Auf einer Anhöhe geht es durch den Weinberg bis zu einer Straße. Gegenüber gehe ich im Weinberg weiter, jedoch ist dieser Bereich eingezäunt. Auch die Einfahrt hat ein Tor. Der Wanderweg führt mich jedoch dort hinein. Immer weiter laufe ich in der frischen Morgensonne durch den Weinberg. Doch plötzlich endet mein Weg am Wald vor einem Zaun. Und nun? Ich schaue auf die Karte: Vielleicht kann ich ein Stück weiter oben weiter wandern? Ich ziehe meinen Wagen zwischen den Weinreben hinauf zum nächsten Weg. Hier entdecke ich auch wieder die Markierung des Wanderweges. Doch am Waldrand erwartet mich erneut ein Zaun mit einem verschlossenen Tor. Ich will schon umdrehen, doch da stelle ich fest, dass sich das Tor öffnen lässt und nicht verschlossen ist. Auf der anderen Seite erwartet mich ein Pfad durch den Kiefernwald. An einer scharfen Rechtskurve beginnt der Pfad steil bergab zu fallen. Der nächste Weinberg ist erreicht und wieder eingezäunt. Doch dieses Mal gibt es ein Tor im Zaun.
In der Sonne wandere ich wieder auf einer Höhe durch den Weinberg. Immer wieder bleibe ich stehen und nasche Trauben, die der Vollernter hängen gelassen hat. Bisher habe ich mich nie damit beschäftigt, wie ein solcher Vollernter arbeitet. Aber ich stelle fest, dass dieser offenbar jede einzelne Traube von der Rispe pflückt, denn die Rispen hängen leer an den Reben. Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass die komplette Rispe abgeerntet wird.
Im Bereich einer Erddeponie leitet mich der Wanderweg hinab ins Tal, um einige Höhenmeter tiefer weiter durch den Weinberg zu führen. Kurz vor Retzbach verlasse ich den Weinberg und laufe durch den Ort an den Main.
Nach Überqueren einer Fußgängerbrücke gehe ich am westlichen Mainufer flussaufwärts. Auf der gegenüberliegenden Seite kann man imposante Abbruchkanten der angrenzenden Höhenzüge sehen. Auf meiner Seite hingegen ist es flach, und zahlreiche Streuobstwiesen säumen den Main-Radweg. Ich laufe an einigen Altarm-Auen vorbei weiter am Main entlang nach Süden.
In Margetshöchheim fallen mir zahlreiche umgestürzte Pappeln am Ufer auf. Die Aufräumarbeiten sind noch im Gange. Offenbar war hier die Kaltfront vom vergangenen Wochenende sehr aktiv! Mit jedem Kilometer in Richtung Würzburg werden die Sturmschäden massiver. Teilweise gibt es kaum einen großen Baum, der keine großen Astpartien verloren hat.
Hinter Zell am Main, auf der Höhe des Klosters Oberzell, hole ich eine Gruppe Jugendlicher ein. Anfangs denke ich noch, es seien Kinder einer angrenzenden Schule, deren Unterricht gerade beendet ist. Aber wie es sich herausstellt, handelt es sich bei den Schülern um eine Schulklasse aus Hamburg, die auf Klassenfahrt nach Würzburg ist. Heute haben sie eine Schifffahrt auf dem Main unternommen und laufen die 6 km zurück ins Zentrum. Ein Junge spricht mich an, was ich da mache. Er kann es erst gar nicht glauben, dass ich bereits seit drei Monaten unterwegs bin und knapp 2500 km hinter mir habe. Doch als er es realisiert, dass ich es ernst meine, werden sofort die Klassenkameraden herbeigerufen. Ehe ich mich versehe, habe ich einen Pulk Schüler um mich herum. Einer will wissen, ob ich das wirklich freiwillig machen würde. Sie jammern schon nach 4 km und sind froh, wenn sie in der Jugendherberge angekommen sind. Gemeinsam laufen wir ein Stück des Weges. Doch am Ortsrand von Würzburg verabschieden wir uns. Ich biege in ein Gewerbegebiet ein, wo ich kurz darauf zum ersten Mal auf meiner Reise vor einem Aldi Süd stehe. Doch leider hat er keinen schwäbischen Kartoffelsalat! Gibt es diesen wirklich nur in Baden-Württemberg? Seit Wochen sehne ich mich nach Kartoffelsalat mit Essig und Öl! Ich kann diese Mayonnaise-Salate nicht mehr sehen! Doch offenbar muss ich mich noch ein wenig gedulden.
Durch den Ortsteil Zellerau laufe ich an den Fuß des Marienberges. Über einen schönen Stadtpark steige ich in Serpentinen den Berg hinauf. Oben habe ich die Festung Marienberg erreicht. Durch mehrere imposante Tore geht es hinauf zur Marienkirche. Sehr viele Japaner sind hier unterwegs, aber auch alle anderen Nationalitäten. Als ich schließlich den Fürstengarten erreiche, habe ich einen tollen Blick auf die Stadt. Seit meinem Flug auf der Wasserkuppe habe ich einen Aufkleber des 1. Drachenflugclubs Wasserkuppe an meinem Wagen kleben. Dieser sorgt offensichtlich dafür, dass viele in meinem Wagen ein Fluggerät vermuten. Auch auf der Festung Marienberg werde ich von einem Amerikaner angesprochen, ob ich vor habe, von der Festung ins Tal zu fliegen. Ich kläre ihn auf, dass sich im Wagen nur Campingausrüstung befindet.
An der Nordostseite steige ich einen steilen Weg wieder hinab in die Stadt. Zahlreiche Bäume haben hier große Äste verloren. Stellenweise sind die Wege gesperrt. Über die alte Mainbrücke laufe ich hinüber in die Altstadt. Die Menschenmassen schieben sich durch die Gassen. Ich laufe zur Promenade. Doch die Sonne steht für ein Foto mit der Festung Marienberg in einem schlechten Winkel. Ich biege daher wieder in Richtung Altstadt ab. Über den Unteren und Oberen Markt laufe ich zum Kiliansplatz und schaue mir eine der sehr pompösen Kirchen an. Dann besuche ich den Residenzplatz. Die Residenz ist so groß, dass ich mit dem Weitwinkelobjektiv des Smartphones nicht mehr weiterkomme und auf ein Panorama-Foto zurückgreifen muss.
Über den Hofgarten und weitere Parks gehe ich zurück an den Main. Auch hier fallen mir in den Parks wieder zahlreiche gesperrte Wege aufgrund der Sturmschäden auf. Auch am Mainufer stoße ich immer wieder auf frische Sturmschäden.
An der Ostseite des Mains wandere ich weiter flussaufwärts. Immerhin habe ich nun von hier die Chance, die Festung Marienberg zu fotografieren. Kurz vor Heidingsfeld wechsele ich auf das andere Ufer und marschiere an der Bahnlinie entlang in Richtung Reichenberg. Hoch oben ist die A3 mit der Großbaustelle zu sehen. Immer wieder kommt es hier zu langen Staus. Auf mich kommt kurz darauf sogar eine Vollsperrung meines Wanderweges zu: Aufgrund der Abrissarbeiten der alten Autobahnbrücke ist der Weg gesperrt. Mir bleibt daher nichts anderes übrig als umzukehren und dem Radweg entlang der Landstraße zu folgen.
Durch ein enges Tal geht es ohne Radweg oder ähnlichem an der Landstraße entlang. Ich bin froh, als ich nach 2 km die Straße verlassen kann. Auf einem Forstweg steige ich nach rechts den Wald hinauf. Nach einiger Zeit habe ich die Höhe erreicht und laufe auf einer Anhöhe durch den Buchenwald. Nach etwa 2 km verlasse ich den Wald und betrete eine Wiese am Ortsrand von Reichenberg. Zahlreiche Jägerstände sowie die steile Hanglage veranlassen mich, weiter zu ziehen. Auf einem asphaltierten Feldweg folge ich hinauf auf eine Kuppe, wo ich schließlich zwischen Apfelbäumen und Ackerflächen mein Zelt am Wegrand aufbauen kann. Hier wird mir wenigstens am Morgen gleich die Sonne ins Zelt scheinen.
Im Zelt schreibe ich meinen Bericht und habe zunehmend das Gefühl, mich angesteckt zu haben. Leichte Erkältungsanzeichen sind vorhanden, und ich bin froh über jede Jacke, die ich anziehen kann. Ich bin gespannt, ob die Erkältung voll durchbricht, oder ob ich noch einmal Glück habe und daran vorbeischramme.
Hallo Markus, habe heute ihre Karte gefunden, hoffentlich nicht zu spät!
sie haben von uns, und für uns, ein Bild in der Rhön gemacht.
Einladung steht!