Frost und neue Probleme mit dem Wagen
Mo., 22.10.2018
Sterntaler Filze – Wiechs – Bad Feilnach – Kogl-Hof – Kaltenbrunn – Deisenried – Schwarzenberg – Greisbach – Dürnbach – Elbach – Marbach – Fischbachau – Point – Trach – Stauden – Hammer – Aurach – Neuhäus – Fischhausen – Schliersee
Kilometer: 25,2 km
Als ich am Morgen erwache und aus dem Zelt schaue, erwartet mich das, was ich am Vorabend bereits erwartet habe: Raureif! Ein Blick bei “Kachelmannwetter.de” verrät mir, dass es draußen aktuell minus 3 Grad kalt ist. In meinem Schlafsack ist davon nichts zu merken. Trotz der Kälte schäle ich mich aus dem Sack und packe meine Kameraausrüstung zusammen. Mit einer dicken Winterjacke und Handschuhen ausgerüstet laufe ich ins Moor. Wie erwartet, haben sich über dem Wasser wieder Nebelschwaden breit gemacht. Doch ich merke schnell, dass ich den See und die Berge im Hintergrund nicht so in Szene setzen kann, wie ich es gerne hätte. Grund sind die freien Zugänge ins Moor, die nicht gerade ideal liegen, um Bilder zu machen. Ich möchte mich aber nicht illegal ins Moor begeben. Ich bleibe daher in der Beobachtungshütte sitzen und schaue zu, wie sich die Sonne über den Berg schiebt und alles in ein gelbes Licht taucht. Nicht immer ist es einem eben vergönnt, Bilder zu machen.
Nach einiger Zeit mache ich mich wieder auf den Rückweg zum Zelt und stelle dieses in die Sonne. Ich kann von der Zeltplane regelrecht Eis abkratzen. Am Tisch werte ich mein GPS-Gerät aus und bin überrascht, dass es am Vortag doch über 20 km waren. So kann man sich irren! Nachdem ich alles verpackt habe, geht es weiter nach Bad Feilnbach. Die knapp 300 Höhenmeter, die in Kürze zu überwinden sind, liegen bereits gut sichtbar vor mir.
In Bad Feilnbach suche ich den örtlichen Supermarkt auf. Seit ich mich in Südbayern befinde, fällt mir auf, dass es bei “Edeka” keine Backabteilung mehr gibt. Stattdessen muss man auf den örtlichen Bäcker im Foyer zurückgreifen. Scheinbar möchte man so die regionalen Bäcker fördern. Das ist eigentlich eine gute Sache, aber ich merke das auch schnell beim Preis.
Ich verlasse den Ort langsam ansteigend in Richtung Westen. Nach Unterqueren einer Landstraße steige ich an zwei Häusern vorbei steil einen Schotterweg zum Wald hinauf. Der Wagen ist deutlich spürbar, und schnell komme ich ins Schwitzen. An einer Kehre ziehe ich meine Jacke aus. Auch heute drückt mir der Hüftgurt unangenehm in die Hüfte. Doch woran es liegt, will mir nicht so richtig einleuchten. Steil geht es nun eine Art Hohlweg den Berg hinauf. Stellenweise muss ich richtig dagegen ankämpfen, nicht wieder rückwärts den Berg hinabgezogen zu werden, so steil ist der Weg! Als ich schließlich an meiner linken Seite eine Viehweide erreiche, wird der Weg wieder etwas flacher, führt aber weiterhin beständig den Berg hinauf. Kurz darauf erreiche ich eine Kuhweide an meiner rechten Seite und habe die Chance, einen Blick hinab in die Tiefebene zu werfen.
Als ich eine ehemalige Kapelle erreiche, die nun scheinbar als Schuppen verwendet wird, habe ich das Gröbste geschafft. Völlig verschwitzt erreiche ich den Kogl-Hof, von wo aus man einen herrlichen Blick ins Tal hat. Na, das hat sich ja gelohnt! Auf einer Asphaltstraße gehe ich nun zwischen Kuhweiden weiter sanft den Berg hinauf. Dank der Sonne kann ich unterwegs mein Oberteil etwas trocknen. Nach etwa 700 m erreiche ich schließlich eine Landstraße. Da es hier keine Alternative zur Straße gibt, bleibt mir nichts anderes übrig, als dieser für 300 m zu folgen. Leicht geht es bergab in ein Tal. Unten biege ich in eine Seitenstraße ab, auf der ich schließlich wieder auf einen Wanderweg wechseln kann. Hier ziehe ich meine Oberbekleidung aus und hänge mein T-Shirt und meinen Pullover zum Trocknen in die Sonne. Meine Jacke schützt mich inzwischen vor den doch recht frischen Temperaturen.
Nach ungefähr 20 Minuten ist alles wieder trocken, und es kann weiter gehen. Über eine Wiese führt mich der Schotterweg hinauf an den Wald. Dort gehe ich auf einer Höhe erst durch den Wald, dann vorbei an Weiden. Zwei Schafe lugen neugierig aus einer offenen Tür auf den Weg hinaus. Ich bin da skeptisch, ob es vom Schafhalter so geplant ist, dass die Tür offen steht? Erst recht, als ein Schaf seine Weide verlässt und mir auf dem Weg folgt.
Als ich kurz darauf einen Hof erreiche, versuche ich, irgendjemanden ausfindig zu machen, um zu fragen, ob es normal ist, dass mir die Schafe frei nachlaufen dürfen. Aber ich kann niemanden finden. Ich laufe daher weiter. Weiter geht es auf einem Schotterweg leicht bergauf und ab. Immer wieder macht mir heute der Hüftgurt zu schaffen, der sich immer weiter in meine Hüfte drückt. Außerdem sind plötzlich feine Schotterwege, die bisher problemlos befahrbar waren, unangenehm und deutlich auf der Hüfte zu spüren. Offensichtlich war die alte Deichsel weniger starr als die neue und hat so einiges abgefedert. Überhaupt habe ich zunehmend den schlimmen Verdacht, dass die neue Deichsel auch für die Probleme mit dem Hüftgurt verantwortlich ist.
Kurz darauf erreiche ich Schwarzenberg. Durch den kleinen Ort gehe ich auf einer Höhe über schmale Straßen weiter nach Elbach. Hier kann ich an einer öffentlichen Toilette meine Wasserflaschen wieder auffüllen. Ab Elbach folge ich einem Radweg entlang der Landstraße nach Süden. Plötzlich taucht links von mir der Gipfel des Wendelsteins auf. Er ist von dieser Seite her ziemlich zugebaut. In Fischbachau verlasse ich die Landstraße und laufe über kleine Ortschaften nach Westen. Nach Überqueren der Leitzach halte ich mich nach links und folge dem Bach flussaufwärts entlang einer schmalen Straße. Links hat man immer wieder einen tollen Blick auf den Wendelstein.
Vor mir hingegen erhebt sich der Westgrat der Aiplspitz. Durch die mittlerweile tiefstehende Sonne ergeben sich an den Hängen des Berges interessante Licht- und Schattenspiele. Das Ganze sieht sehr imposant aus!
Mein Weg führt mich an Kühen vorbei an die größere Landstraße, danach überquere ich eine Zugstrecke und gelange zur B307. Diese überquere ich in Aurach und folge einem Schotterweg in Richtung Westen. Ich komme an einem völlig verwahrlosten Campingplatz vorbei. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er in diesem Sommer noch in Betrieb war. Im Schatten führt mich der Schotterweg durch den Wald. Meine Schmerzen an der Hüfte werden immer stärker, und ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass die neue Deichsel die Ursache dafür ist. Mein Wagen war ursprünglich mit Teleskopstäben ausgestattet, um flexibel die perfekte Gewichtsverteilung am Wagen einstellen zu können. Nach dem ersten Deichselbruch am dritten Tag meiner Wanderung habe ich diese durch Aluminiumstäbe verstärkt und somit aus einer verstellbaren eine starre Deichsel gemacht. Ich hatte jedoch Glück, denn die Deichsellänge und das Gewicht auf der Achse waren weiterhin im Lot. Wie ich jedoch schon einmal in Sachsen erwähnt habe, reichte auch bei dieser Konstellation bereits das Gewicht einer 1,5-Liter-Flasche im Gepäck aus, um das Gleichgewicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Das heißt, bereits 1,5 kg mehr Gepäck mit der alten Deichsel sorgten dafür, dass die Belastung am Hüftgurt zu stark wurde. Jetzt habe ich allerdings eine unglaublich stabile Deichsel, die deutlich mehr wiegt: Mit großer Wahrscheinlichkeit auch mehr als die bereits erwähnten 1,5 kg, und deren Schwerpunkt weiter vorne zum Hüftgurt hin liegt. Die neue Deichsel hat also mit großer Wahrscheinlichkeit den perfekt austarierten Wagen aus dem Ruder gebracht. Daran hatte ich beim Bau mit Jan überhaupt nicht gedacht. Eigentlich hätte die Deichsel deutlich länger sein müssen, um dieses Mehrgewicht auszugleichen. Oder der Wagen müsste auf der Achse noch einmal schwerer werden. Das ist ein echtes Problem, denn einerseits befinde ich mich nun in einer Topografie, bei der jedes Gramm mehr belastet, andererseits mache ich mir ernsthaft Sorgen um meine Hüfte. Ich habe dort nach nur zwei Tagen beidseits richtige Hämatome bekommen. Ich kann unmöglich so mehrere Monate weiterlaufen.
Mittlerweile habe ich einen schmalen Pfad entlang des Hachelbaches erreicht. Ihm folge ich auf 500 m und biege dann nach rechts nach Neuhäus ab. Durch Wohngebiete gehe ich an den Schliersee.
Hier genieße ich die Abendstimmung am See. Mit meiner Kamera mache ich einige Bilder. Dann gehe ich am Westufer weiter in Richtung Norden. Irgendwo hier habe ich vor, meine Nacht zu verbringen. Als ein schmaler Weg abzweigt, folge ich diesem am Ufer entlang. Zahlreiche Stationen ermuntern mich dazu, die Gegend mit allen Sinnen zu genießen. Nach ca. 1 km finde ich gegenüber der Insel Wörth einen Platz für mein Zelt. Die in unmittelbarer Nähe verlaufende Bahnlinie stört mich nicht, da nur hier nur selten Züge vorbeifahren.
Es ist wie am Vortag wieder schnell kalt geworden. Entsprechend schnell schlüpfe ich in meinen Schlafsack. Ich muss an meinen Wagen denken. Ich habe das ungute Gefühl, dass sich meine Reise so langsam, aber sicher dem Ende nähert. Vielleicht kommt mir über Nacht noch eine Idee; aber wenn mir im Zusammenhang mit dem Wagen nichts Sinnvolles einfallen sollte, sehe ich für die Fortsetzung meiner Reise schwarz. Meine Hüfte kann ich nicht länger einer solchen Belastung aussetzen.
Ich glaube eher nicht, dass die neue Deichsel, 1,5kg schwerer ist als die alte, es ist ja kein Vollmaterial mehr vorhanden und auch der Plastikgriff wurde entfernt. Es wird viel mehr an der deutlich höheren Biegefestigkeit liegen, die Stäbe federn also nichts mehr ab. Dazu kommt dann wohl noch, dass die neue Deichsel 5-10cm? kürzer ist.
Abhilfe ist jetzt spontan etwas schwierig, doch ich denke zuerst würde sich die Länge anbieten.
Gut möglich, dass es an der Biegefestigkeit liegt. Mit meiner Lösung die ich morgen vorstellen werde, konnte ich das Problem jedoch beheben. Und auch diese Lösung ist noch ausbaufähig, sodass noch bessere Ergebnisse zu erreichen sind. Der Wagen ist auf jeden Fall mit dem Neubau nach meinem Empfinden nun sogar noch Geländegängiger geworden. Er hat auch im unwegsamen Gelände nicht mehr die Tendenz weg zu kippen. Ich schiebe das ebenfalls auf die erhöhte Steifigkeit der Deichsel.